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Knarr – Schiffbruch oder Kaperfahrt?

von Johannes
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Über das Spiel

Vorwort

Über Knarr ist jüngst ein böser Verriss von einem Influencer erschienen. Ich möchte den Autor hier nicht nennen, um ihm keine Bühne zu bieten. Ich nehme dies aber zum Anlass, meinen kurzen Spielbericht, den ich Anfang Januar bei Instagram gepostet habe, zu überarbeiten und auszubauen. Denn dies kann ich schon vorwegnehmen: Ich halte Knarr keineswegs für ein schlechtes Kartenspiel. Man muss sich nur darauf einlassen und es mehr als einmal auf den Tisch bringen.

Rezension

Wussten Sie schon, dass die Schiffe der Wikinger, auf denen Sie zu Eroberungen und Handelsfahrten aufbrachen, Knarr genannt wurden? Dies und mehr lernt der*die geneigte Leser*in bereits in der Anleitung zur Neuheit Knarr.
In dem sehr kurzweiligen Familienspiel geht es darum, die eigenen Wikinger(-karten) so einzusetzen, dass man durch die Kombination von Entdeckungen, Handel und Rekrutierungen dem eigenen „Félag“ zu 40 Siegpunkten verhilft. Das Spiel endet nämlich in der Runde, in der ein*e Spieler*in diese Anzahl an Siegpunkten erreicht. Die Spieler*innen haben dabei jeweils nur die Wahl zwischen zwei Aktionen, nämlich dem Rekrutieren von Mannschaftsmitgliedern (Ausspielen von Handkarten in die eigene Mannschaft) oder dem Entdecken neuer Länder (Ablegen von Mannschaftskarten für Landteile). Mit Silberreifen könnt ihr handeln und kommt so an zusätzliche Boni. Darüber hinaus kann Reputation gesammelt werden, die einem dann zu Beginn jedes Zuges Siegpunkte ausschüttet. Auf diese Weise werden rund 15 Minuten (zu zweit) bis 30 Minuten (zu viert und analog) lang Karten ausgelegt, bis am Ende eine Person gewinnt.
Was nun „nur“ wie ein einfaches Kartenspiel klingt, ist im Kern ein sehr heruntergebrochenes Engine-Building-Spiel, das auch mir als Sehr-Viel-Spieler viel Freude bereitet, denn das wesentlichste Element bei Knarr ist nicht das Kartenglück, sondern das richtige Timing. Bei jeder Karte muss sich der*die Spieler*in eigentlich die Frage stellen, ob diese noch zur eigenen Mannschaft gespielt werden, oder ob nicht der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um ein neues Land zu entdecken. Ersteres triggert die Farbe der Mannschaft erneut, letzteres erlaubt mehr Handel, geht aber mit dem Verlust von Mannschaftsmitgliedern einher. Spielt man nur auf die Mannschaft, dann verpasst man zum einen möglicherweise den richtigen Absprung und zum anderen muss man womöglich Karten abgeben – das geschieht nämlich dann, wenn der Nachziehstapel leer ist. So ist das Element, das an anderer Stelle stark kritisiert wurde, nicht dem Zufall oder einer gedankenlosen Produktion zuzuschreiben, sondern wichtig für den Verlauf des Spiels. Eine reine Fokussierung auf die Reputationsleiste ist zudem auch nicht möglich, wie ich in mehreren Partien lernen durfte. Mit der fortgeschrittenen Variante wird das Spiel zudem noch etwas komplexer, denn nun muss ich das eigene Spiel an den Artefakten ausrichten.

Der Spielreiz bei Knarr entsteht deshalb aus meiner Sicht eindeutig aus der Kombination von Timing und Adaption der Taktik.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich auch die Ausstattung des Spiels als hervorragend empfinde. Insgesamt ist es thematisch sehr passend und hochwertig gestaltet und kommt sogar mit einer Art Inlay. Alles sieht für den Laien authentisch aus, ohne heroisierend zu wirken, was ich für ein Wikingerspiel für sehr wichtig halte. Die Farbgebung stört allerdings beim Erkennen der eigenen Spielerfarbe, weil es zwischen Grau, Weiß, Schwarz und Braun nicht so viel Kontrast gibt und auch die Icons nur schwer auseinanderzuhalten sind. Für die eigentlichen Spielkarten wurde daher ergänzend ein Symbolschema verwendet. Das Finish der Karten ist eher rau und fasst sich für mich gut und passend an – und das alles für einen Preis von rund 20 €.

Transparenzhinweis

Für diesen Spielbericht stand ein Rezensionexemplar zur Verfügung, welches dem Ministerium ohne Auflagen vom Verlag übermittelt worden ist. Dies hat keinen Einfluss auf die Rezension.

Abschließende Bewertung des Ministeriums

„Insgesamt ist Knarr sicherlich nicht der große Wurf, der das Hobby revolutionieren wird. Dennoch funktioniert es als Absacker oder Zwischendurch-Spiel hervorragend. Trotz der Kürze ist es aber nicht banal und reizvoll, was es deshalb für mich tatsächlich auch von anderen Spielen dieser Art abhebt.“
Johannes
Brettspielminister

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