Inhaltsübersicht
- Vorwort
- Escape- und Krimispiele – Versuch einer Abgrenzung
- Exit – Das Spiel (KOSMOS)
- Unlock! (Asmodee)
- 50 Clues (Carletto und Pegasus)
- Escape Room Das Spiel (noris)
- Escape Tales (KOSMOS und Grimspire)
- Escape Dysturbia (Homunculus Spiel)
- Escape The Room (ThinFun)
- Deckscape (Abacus)
- Break In (Schmidt)
- Mystery House (Schmidt)
- Psychiatrie des Schreckens (Huch!)
- Escape Spiele vom Moses Verlag
Vorwort
An unser erstes Escape-Spiel kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ende Juli 2019 waren wir mit Kind, Kegel und Wohnwagen im Sommerurlaub in der mecklenburg-vorpommerschen Provinz und ein Exit (um genau zu sein: „Die verlassene Hütte“) zum abendlichen Zeitvertreib war auch im Wohnwagen gelandet. Das hatte ich irgendwann im Jahr 2017 oder 2018 mal mitbestellt, um eine Portofreigrenze zu knacken, aber so richtig scharf war ich, ehrlich gesagt, gar nicht drauf. Anders jedoch meine Frau, die mich gleich nach der Partie schalt, dass ich „so ein“ Spiel so lange vor ihr verheimlicht hätte. Nach der Partie war es nämlich um uns beide geschehen: vorher noch normale Brettspieler*innen brannte nun das Feuer echter Escape-Fans in unseren Venen und verzerrte sich nach mehr. Am nächsten Tag steuerten wir deshalb die nächste Kaufmöglichkeit für Spiele dieser Art – was für uns einen Weg von 100 km durch die Pampa bedeutete – an und bestellten dann auch gleich noch ein Paket mit den Titeln, die wir dort nicht bekommen hatten, auf den Campingplatz. Die folgenden Wochen und Monate spielten wir nahezu täglich neue Escape-Spiele und so bauten wir ziemlich schnell eine relativ große Expertise in diesem Bereich auf. Das Feuer nach Mehr führte nämlich selbstverständlich dazu, dass wir uns nicht nur auf Exit, sondern auf den ganzen Themenbereich konzentrierten.
Weil ich dabei selbst ganz gerne mal den Überblick verliere, habe ich beschlossen, unsere Erfahrungen in diesem Segment zu verschriftlichen. Auch wenn dies dabei explizit keine Topliste sein soll, ordne ich die Liste dabei grob nach Relevanz. Reihen, die meine Frau und ich besser fanden, landen entsprechend weiter oben, allerdings ohne, dass die Reihenfolge fix ist. Dies ginge auch deshalb schon nicht, weil es auch innerhalb der Escape-Spiele-Reihen teilweise große Schwankungen gibt.
Escape- und Krimispiele – Versuch einer Abgrenzung
Doch wo fange ich an, wo höre ich auf? In einer ersten Version dieses Artikels habe ich Escape- und Krimispiele noch zusammengefasst. Beim Schreiben ist mir jedoch klar geworden, dass der Überblicksartikel unübersichtlich wird, wenn beide Genres enthalten sind. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, die zuvor enthaltenden Krimispiele und Point-and-Click-Adventure-Games vorerst nicht zu behandeln.
Escape-Spiele sind für mich in dieser Logik Spiele, bei denen das Rätseln im Vordergrund steht, also Spiele, die durch eine Story verbunden sind, die dann aber vorwiegend durch Rätselaufgaben vorangetrieben wird.
Abzugrenzen sind Krimispiele, bei denen die Spieler*innen als Ermittler*innen Kriminalfälle lösen müssen. Hier müssen zwar auch Spuren erfasst und somit Rätsel gelöst werden, deren Charakter ist jedoch meist eher auf die Kombination verschiedener Fakten reduziert (zwei logische Schlüsse überführen die Täter*innen).
Noch wichtiger ist die Story bei Adventure Games, die den klassischen Point-and-Click-Adventure Games aus Videospielen nachempfunden sind. Hier bewegen sich die Spieler*innen durch Räume und versuchen Gegenstände miteinander zu kombinieren, um so weiterzukommen.
Natürlich gibt es auch hybride Spiele; meine Auswahl versuche ich nach dem überwiegenden Element in den Spielen zu begrenzen.
Exit - Das Spiel (KOSMOS)
Wie im Vorwort bereits angeführt, fing mit Exit bei mir (die ersten auf dem Markt waren wohl die ThinkFun-Titel, wie ich bei der Brettspielerunde lernen durfte) alles an. Mittlerweile sind neben den Spielen Puzzle, Bücher, Adventskalender, Kombinationen daraus und Kinder-Editionen erschienen. Wenngleich ich mittlerweile keine Einsteiger-Boxen mehr kaufe, freuen meine Frau und ich uns auf jeden neuen Teil der Spielereihe und könnten die Reihe entsprechend auch heute noch empfehlen. Allerdings ist „Exit – Das Spiel“ ein einmaliges Erlebnis, denn die Materialien müssen teilweise beschriftet oder zerstört werden. Ich weiß, dass das nicht allen gefällt. Von der Rätselqualität sind die Exits mit am abwechslungsreichsten, die Stories wirken aber manchmal etwas konstruiert. Der Exit-Adventskalender von Kosmos ist auch unser jährlicher Adventskalender, die Puzzles und Bücher gefielen mir jedoch nicht so gut.
Anspieltipp: Als erstes Abenteuer eignet sich „Die Geisterbahn des Schreckens“. Sie richtet sich an Einsteiger*innen, bietet aber alles, was ein Exit ausmacht.
Unlock! (Asmodee)
Die ursprünglich beim französischen Verlag Space Cowboys erscheinende Unlock!-Reihe setzt auf App-Unterstützung bei der Gestaltung der Rätsel. Während meine Frau und ich sonst keine großen App-Fans sind, gelingt das hier richtig gut und im Laufe der Jahre wurden die Möglichkeiten immer weiter ausgebaut. Mitunter müssen Dinge auf dem Display freigekratzt oder akustisch angesteuert, oder gar kleine Videospiele gewonnen werden. Gleichzeitig ist die Hilfefunktion in die App integriert. Um das Spiel kennenzulernen, bietet Asmodee Demospiele an.
Gerade die großen 3er-Boxen sind sehr abwechslungsreich und bieten Rätselspaß auch für Profis. Dadurch, dass bei Unlock! nichts zerstört wird, ist auch der etwas höhere Preis gerechtfertigt und wie bei Exit freue ich mich hier auf jede neue große Box. Meine Kinder waren auch mit Unlock!-Kidz zufrieden – eine absolute Empfehlung!.
Anspieltipp: Für den Einstieg in die Unlock!-Welt eignet sich entweder einer der einfacheren Einzelfälle, die Shorts, oder direkt eine 3er-Box. Vielspieler*innen finden dabei bestimmt Gefallen an den Game Adventures, die auch den Kennerspiel des Jahres Sonderpreis 2023 gewonnen haben. Bei Spielstil.net gibt es eine schöne Übersicht über die verschiedenen Boxen.
50 Clues (Carletto und Pegasus)
50 Clues bietet insgesamt eine sehr auf die Story konzentrierte erwachsene Unterhaltung mit vielen vielen Coderätseln. Da ich hierfür eine ausführliche Rezension geschrieben habe, verlinke ich an dieser Stelle lediglich. Sprechen euch die Faktoren „Erwachsen“ und „Immersion“ jedoch an, dann solltet ihr unbedingt einmal in eine Box reinschnuppern.
Anspieltipp: Je nachdem, ob euch das Setting der ersten Trilogie (Maria; es geht um eine psychisch erkrankte Hauptverdächtige) oder der dritten Trilogie (Sigrids Suche; es geht um Terrorismus im weitesten Sinne) besser gefällt, empfehle ich dort das jeweils erste Spiel zu kaufen. Um das Spielsystem kennenzulernen, gibt es auch einen Probefall als Print an Play.
Escape Room Das Spiel (Noris)
Besonders viele Erweiterungen gibt es auch für Escape Room – Das Spiel, sofern man erstmal eine Grundbox erworben hat. Diese Boxen mit „Decoder“ sind nämlich Voraussetzung (außer bei den DUO-Boxen), um das Spiel spielen zu können, da die Rätsellösungen über Plastikschlüssel in den Decoder geschoben werden. Das System funktioniert in der Regel fehlerfrei und ist eine schöne Abwechslung zu reinen Kartensystemen. Zudem bieten die Schlüssel mit ihren Zahlen, geometrischen Figuren und Zähnen eine gute Abwechslung bei den Rätseln. Wie bei Exit müssen bei Escape Room teilweise Materialien beschädigt werden. Noris bietet allerdings Ersatzbögen zum Download auf der Website an, auf der auch Komplettlösungen heruntergeladen werden können, sollte es einmal doch nicht weiter gehen. Erweiterungen für diese Reihe kaufe ich beim Erscheinen auch regelmäßig. Weniger gut hat mir leider auch hier das Puzzle gefallen, vielleicht bin ich aber auch nicht der Puzzle-Escape-Spieler. Die Family-Edition sowie das VR-Rätsel habe ich bislang nicht gespielt. Die VR-Variante scheint mir nach Lesen der Rezension der Brettspielerunde aber das gleiche Problem zu haben wie die Chronicles of Crime-Reihe, nämlich eine hohe Downtime bei denjenigen, die gerade die nicht VR-Brille aufhaben.
Anspieltipp: Zum Einstieg in die „Escape Room – das Spiel“-Welt eignen sich entweder die Grundboxen oder eine der DUO-Boxen. Letztere können anstatt mit dem Decoder auch mit dem Smartphone gespielt werden und liefern jeweils zwei Fälle sowie ein Einführungsspiel. Die Boxen sind alle ungefähr gleich gut, so dass ihr hier gut nach Themenpräferenz entscheiden könnt.
Escape Tales (Kosmos und Grimspire)
Etwas mehr Fokus auf die Thematik als auf die Puzzles wird bei der Escape-Tales-Reihe gelegt, die zuerst bei Kosmos und dann bei Grimspire erschien. Ich vermute, dass der dritte Teil namens „Children of Wyrmwood“ thematisch einfach nicht mehr so gut zu Kosmos passte und deshalb den Verlag wechseln musste, denn inhaltlich ist an dem Spiel nicht viel auszusetzen (hier eine Rezension der Brettspielerunde). Wie bei Unlock! muss in der Reihe nichts zerstört werden. Stattdessen bewegt man sich durch Räume und muss mithilfe einer Website und Tests Dinge aufdecken und kleinere Rätsel lösen. Dabei kann man jedoch nicht alles entdecken, was für die Storyentwicklung ein bedeutsames Element ist. Mehrere Durchläufe sind deshalb an der Tagesordnung, fallen aber nicht so redundant auf wie bei den T.I.M.E. – Stories. Die gut gestalteten, wenn auch nicht allzu schweren, Rätsel stehen für mich deshalb eher im Hintergrund. Positiv in Erinnerung geblieben sind mir vor allem die prägnanten Entscheidungssituationen. Insgesamt richten sich die Escape Tales an ein etwas älteres Publikum.
Anspieltipp: Für Fantasy-Fans eignet sich „Children of Wyrmwood“. Mein persönlicher Favorit ist allerdings das düstere „The Awakening“.
Escape Dysturbia (Homunculus Spiel)
Der Kleinverlag Homunculus hat mit Escape Dysturbia eine eigene Welt erschaffen, in der alle Escape-Spiele der Reihe spielen. Die Spieler*innen lenken dabei Agent*innen einer Detektei, die zu verschiedenen Aufträgen herangezogen werden. Auch hier werden Materialien zerstört, diese lassen sich aber erneut ausdrucken. Hinzu kommt eine nette App, die auch Hintergrundmusik bietet und teilweise die mitgenommenen Charaktere miteinander interagieren lässt. Leider wird Escape Dysturbia jedoch aktuell nicht mehr fortgesetzt und befindet sich im Abverkauf, nachdem sich der Verlag zunächst auf verschiedene Briefformate und Wochenkalender fokussiert hatte. Gerade für den kleinen Abverkaufspreis lohnt es sich Escape Dysturbia anzuspielen.
Anspieltipp: Der für mich beste Fall war direkt der erste; Mörderischer Maskenball.
Escape The Room (ThinkFun)
Sehr wechselhafte Qualität gibt es bei Escape The Room. Während „Das Geheimnis des Refugiums von Dr. Gravely“ und „Das Geheimnis der Sternwarte“ relativ leicht und gradlinig waren, war „Das verfluchte Puppenhaus“ für mich eine herbe Enttäuschung. Auch hier werden Materialien fast zwangsweise zerstört. Insgesamt ein mäßiger und nicht ohne Weiteres zu empfehlender Rätselspaß für Einsteiger*innen.
Anspieltipp: Wenn ihr das Spiel trotzdem einmal ausprobieren wollt, so steigt am besten mit dem aus meiner Sicht stärksten Fall „Das Geheimnis des Refugiums von Dr. Gravely“ ein.
Deckscape (Abacus)
Deckscape ist für mich eine dieser Reihen, die ich zwar (fast) vollständig gespielt habe, aber nie richtig begeistert war. Die kleinen Kartenspiele ohne Zerstörung bieten eher einfache Rätsel, bei denen man sich durch die Kartenstapel arbeiten muss. Der niedrige Schwierigkeitsgrad und die geringe Kartenanzahl bieten dabei eine relativ kurze – aber für den kleinen Preis angemessene – Spieldauer und auch Spaß am Spiel. Deckscape ist aber nirgends innovativ oder aufregend. Ja, auch nicht beim neusten Fall, bei dem sich die Gruppe aufteilen muss (Crew vs. Crew). Ich kaufe Deckscape hauptsächlich aufgrund des geringen Investments für ein Escape zwischendurch, wenn bei den anderen Reihen nichts neues zu erwarten ist.
Anspieltipp: Hier kann ich tatsächlich nichts mehr empfehlen, denn in meiner Erinnerung sind alle Deckscapes gleichermaßen Mittelmaß.
Break In (Schmidt-Spiele)
Geringe Erwartungen hatte ich zunächst an die 3D-Puzzle von Schmidt-Spiele. Bei diesen muss man ausnahmsweise nicht irgendwo aus-, sondern einbrechen, was eine interessante Variation des Themas ist. Da man die Box dabei ständig drehen und wenden muss, ist die Reihe für mehr als zwei Personen definitiv nicht gut geeignet. Die sehr schlechten Bewertungen bei BGG dürften vor allem in diesem Fakt begründet sein. Manchmal verrutschen auch Teile und man muss sich ein wenig behelfen. Die Spiele machen einen Abend lang aber insgesamt durchaus Spaß. Den Vollpreis von fast 30 € sind sie allerdings nicht wert, für einen Angebotspreis bei circa der Hälfte geht es aber in Ordnung.
Anspieltipp: Break In: Area 51 fand ich thematisch witzig.
Mystery House (Schmidt-Spiele)
Schmidt-Spiele setzt gleich mehrfach auf 3D, denn auch das Mystery-House ist als 3D-Rätsel gestaltet. In die Spielschachtel werden nach Anleitung Wände eingesteckt. Von außen sichtbar und durch Drehen der Schachtel sind dann die Rätsel, mit deren Hilfe man sich immer weiter ins Innere des Hauses vor rätselt. Unterstützt wird das Erlebnis durch eine App, in der man seine Lösungen eingibt und auch Hilfe bekommt. Die App stört dabei nicht, auch wenn sie nicht so leistungsfähig wie die Unlock!-App ist. Dadurch, dass im Mystery-House alles heil bleibt, lässt es sich auch weitergeben, sofern man keine der zwei erschienenen Erweiterungen mehr spielen möchte, die ebenfalls in das Haus eingesteckt werden. Von der Rätselqualität her war das Spiel für mich solide und das 3D-Gebäude bringt ein wenig Abwechslung mit sich.
Anspieltipp: An der Grundbox geht in diesem Fall kein Weg dran vorbei.
Psychiatrie des Schreckens (Huch!)
Die Psychiatrie des Schreckens war der Versuch des Huch!-Verlages auf den rollenden Escape-Zug aufzuspringen. Ich fand das Thema sehr ansprechend und freute mich über langanhaltendes Rätselvergnügen, wurde dann aber sehr enttäuscht. Während die Story noch interessant war, waren die Rätsel entweder viel zu einfach oder völlig obskur bis unlösbar. Nach drei Anläufen hatten meine Frau und ich zumindest den ersten Teil komplett abgeschlossen und beschlossen, den zweiten Teil gar nicht mehr anzufangen. So war der Schrecken vor allem auf meiner Seite. Schade!
Escape Spiele vom Moses Verlag
Eines muss man den Escape-Spielen von Moses lassen: die Spiele sehen sehr hübsch aus. Insbesondere „Die verlassene Bibliothek“ und die „Flucht aus dem Starline-Express“ sind mir wegen ihrer schlechten Rätsel und unzusammenhängenden Story jedoch so negativ in Erinnerung geblieben, dass ich seitdem einen Bogen um die Escape-Titel von diesem Verlag mache. Irgendwann ist dann aber doch noch „Der rätselhafte Zauberwald“ eingezogen, aber auch dieses Spiel konnte mich nicht so recht überzeugen. Daher würde ich eher davon abraten, hier Geld zu investieren.