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Fischen – Aale, Aale, Aale meine Stiche

von Johannes

Über das Spiel

Einleitung

Jetzt habe ich erst letztes Wochenende geschrieben, dass ich mich eigentlich auf Spiele aus dem Kenner- und Expert*innenspiel-Bereich fokussiere und komme schon wieder mit einem „kleinen“ Spiel daher? Ja, es stimmt. Allerdings ist dieses Stichspiel immerhin aus der Feder von Friedemann Friese und zugegebenermaßen auch eher eins, das in die Kategorie „fortgeschrittene Stichspiele“ gehört. Warum das so ist? Das erfahrt ihr in meiner Rezension.

Alles in Loot auf’m Boot, alles in Butter auf’m Kutter?

Die Ausfahrt beginnt in der ersten Runde mit einem Stichspiel. Die erste Person legt eine (Fisch-)Karte aus und alle anderen müssen die gespielte Farbe bedienen. Die höchste Karte der zuerst gespielten Farbe gewinnt und der*die Gewinner*in bekommt die gespielten Karten. Diese werden auf den Laderaum im eigenen Fischkutter platziert. Wurden alle Karten gespielt, dann endet die erste Runde. Alle in dieser Runde gefangenen Fische werden gezählt und die Anzahl als Punkte notiert.

Die wahre Magie des Angeltrips passiert jetzt. Statt einfach die Fische neu zu mischen und dann neu zu verteilen, behalten alle ihren Fang. Je nach Rundenzahl müssen nun neue Fische für die kommende Runde nachgezogen werden. Zuerst werden dabei die bereits gefangenen Fische verarbeitet. Erst wenn alle eigenen Fische auf der Hand sind und noch weitere Karten gezogen werden müssten, kommt der Nachziehstapel ins Spiel, aus dem ich mich dann bedienen darf. In diesem sind Sonderkarten und vor allem dickere Fische mit höheren Werten enthalten. Ziehe ich also aus diesem, habe ich in der kommenden Runde die besseren Karten. Auch echte Trumpffische – natürlich in der Farbe Grün – sind dort enthalten. Je länger das Spiel dauert und je weiter wir uns durch den Nachziehstapel durcharbeiten, je stärker werden die Fische und die Sondereffekte. Bis hin zu Karten, die bei Aufnahme zu einem direkten Punktabzug führen, oder die Manipulation des Fischfangs erlauben. Nach acht Runden endet das Spiel und die Person, die die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt.

Die Spielmechanik hat enormen Einfluss auf die angewendete Taktik: Ist es besser in der ersten Runde möglichst viele Punkte zu bekommen, dafür aber in der zweiten Runde eher wenige, oder versuche ich die Stichgewinne möglichst zu verteilen? Ohnehin kommt es in meiner Beobachtung bei diesem Spiel vorrangig über die Runden hinweg zu wellenartigen Punktgewinnen, wie es auch beispielhaft anhand Daten einer meiner 4er-Partien in der Grafik erkennbar ist.

In dieser sind auf der x-Achse die Runden und auf der y-Achse die jeweiligen Punktgewinne abgetragen. Erkennbar ist die typische Struktur einer Partie FISCHEN. Auf eine oder mehrere Runden mit geringen Punktgewinnen folgen typischerweise eine oder mehrere Runden mit hohen Punktgewinnen. Dieses Muster habe ich in mehreren eigenen und auch fremden Partien nachvollziehen können.

Spielerisch gilt es das Muster in die eigene Planung mit einzubeziehen und ein Gleichgewicht zwischen den Runden mit geringen und hohen Punkten herzustellen sowie die Sonderkarten mit einzuplanen. FISCHEN ist insofern deshalb insgesamt mehr ein Marathon als ein Sprint – oder eben eine mehrtägige Angeltour mit Flautetagen zwischendrin.

Dies ist zeitgleich für mich die größte Stärke, aber auch die größte Schwäche an FISCHEN. Denn das Spiel hat ein Zeitproblem. Auf der einen Seite ist das Spiel zu kurz. Auf der anderen Seite ist es aber auch zu lang. Was meine ich damit? Das Spiel braucht lange, bis es wirklich in Gang kommt. Die erste Runde ist eigentlich nur eine Vorbereitungsrunde. In der zweiten Runde kommen sehr langsam interessante Karten hinein. Spannend wird es erst ab Runde 3 oder 4, also fast zur Mitte der Partie. Die weiteren 4-5 Runden laufen wellenförmig interessant ab. Mal ist es spannend, wenn ich wirklich mitspielen kann und mal werde ich nur so gespielt, weil mein jetzt verdorbener Fang aus den Vorrunden einfach zu klein ist, um damit noch groß Stiche zu holen. Insgesamt bleibt mir aber nur relativ wenig Zeit, um die Wellenbewegung auszutarieren. Nach der 8. Runde, in der der Kutter langsam zum Sportboot wird, endet das Spiel dann sehr abrupt. Ich bin mir sicher, dass Friedemann Friese an dieser Stelle viel getestet und Gehirnschmalz investiert hat, für mich sind die acht Runden aber nicht die optimale Balance. Vielleicht wäre es ohnehin eine Idee, direkt mit einigen Karten aus dem ersten Nachziehstapel zu beginnen. Das verringert die Planbarkeit zwar, aber streicht zumindest die – zugegebenermaßen kurze – erste Runde.

Und noch eine Kleinigkeit hat mich gestört. Insgesamt finde ich das Design des Spiels gelungen. Die etwas an Kinderbuch erinnernden Zeichnungen holen mich ab, auch wenn sie ein wenig über den eigentlich boshaften Charakter einiger Fische hinwegtäuschen. Dass aber die Zahlen nur auf einer Seite aufgedruckt wurden, wäre für mich ein vermeidbares Ärgernis gewesen. Nun muss ich eben ständig während des Spiels Karten richtig herumdrehen, da ich andernfalls auf der Kartenhand nicht alle Ziffern direkt erkennen kann.

Transparenzhinweis

Für diese Rezension stand mir ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung, welches mir ohne Auflagen vom Verlag übermittelt worden ist.

Abschließende Bewertung des Ministeriums

„Länge und Wellenbewegung des Rundenverlaufs machen FISCHEN für mich zu einem interessanten Stichspiel für Stichspiel-Kenner*innen. Für ein Stichspiel empfinde ich es erstaunlich innovativ, allerdings hat es auch ein Zeitproblem, in dem es sowohl zu lang als auch zu kurz ist. Nachdem sich das Spiel langsam aufgebaut hat, erlebe ich im Mittelteil spannende Züge, um dann mit einem abrupten Ende abzuschließen.“
Johannes
Brettspielminister

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