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Bomb Busters – Big Bang des Jahrgangs?

von Johannes

Über das Spiel

  • Erschienen bei Pegasus
  • Autor: Hisashi Hayashi
  • BGG-Wertung: 7,9 | Weight: 2,07 | Spieler*innenanzahl: 2-5

Einleitende Worte

Manche Spiele laufen erstaunlich lange unter dem Radar. Denn obwohl BOMB BUSTERS schon beim Pegasus Presseevent vorgestellt worden war, schaffte es das Spiel zunächst nicht, im Vorfeld der Messe einen Hype zu generieren. Jedenfalls tauchte es mit 141 Daumen auf der BGG-Preview-Liste nur „unter ferner liefen” auf und auch bei der beliebten Abenteuer-Brettspiel-Liste wurde es nicht genannt. Jetzt, fast 3 Monate nach dem Erscheinen, erfreut es sich aber größter Beliebtheit. Im letzten Monat wurde es am achthäufigsten bei Boardgamegeek gelogged. Warum fasziniert das Spiel anscheinend so viele Spieler*innen? Diese Frage und ob es auch mich getroffen hat, erörtere ich in meiner Rezension.

Bomben entschärfen leicht gemacht

Zugegebenermaßen haben mich zunächst weder Thema noch Aufmachung angelockt. Bomben entschärfen klingt zwar erst mal spannend, aber durch die vielen Escape-Abenteuer habe ich schon dermaßen viele Kabel zerschnitten, dass sich das Thema im ersten Moment nur nach anstrengender Puzzelei anhörte. Dazu kommen stilisierte Comicfiguren mit breiten Outlines, die für mich so gar nicht nach feiner Kunst aussehen.

Wie gut, dass es Freunde gibt, die einen dann doch überzeugen, es einmal auszuprobieren.

In BOMB BUSTERS muss ich, wie schon angedeutet, Bomben entschärfen. Das geht aber nur gemeinsam, denn jede*r Mitspieler*in hat nur einen Teil der benötigten Kabel auf der Hand. Und wie genau diese Kabel aussehen, das darf nicht besprochen werden. Dennoch müssen wir die Kabel der Reihe nach durchschneiden. Zunächst die blauen sicheren Kabel. Wenn wir zu wissen glauben, wo die gelben Kabel sind, dann auch gerne diese und am Ende kommen die roten Kabel dran. Die Hilfe, die wir bekommen, ist ein wenig Ausrüstung und zunächst nur ein Hinweistoken pro Person. Überdies werden die Kabel aufsteigend sortiert und ich weiß, welche Kabel alle verfügbar sind. Und dann geht es los. Zunächst schneide ich am liebsten Kabel, die meine Mitspieler*innen markiert haben. Habe ich alle restlichen Kabel einer Art – bei den blauen gibt es jeweils vier Stück mit den Zahlen eins bis zwölf – auf der Hand, dann darf ich alle gemeinsam zerschneiden und ablegen. Durch die entstandenen Lücken bekomme ich weitere Hinweise darauf, welche Kabel meine Mitspieler*innen haben könnten. Doch hoffentlich empfinden die Mitspieler*innen die Markierungen und Lücken als genauso logisch, wie ich sie finde.

BOMB BUSTERS ist nämlich mehr als nur ein Logikrätsel. Mein Team muss perfekt zusammenarbeiten und ich muss lernen, meine Mitspieler*innen einzuschätzen. Gelingt dies gut, dann ist die Mission schnell und sicher erledigt. Werden jedoch zu viele falsche Kabel oder gar ein rotes durchgeschnitten, geht die Bombe in die Luft und wir müssen von vorn beginnen. Hier entsteht der Spielreiz:

Die Partien dauern an sich nicht lange. Nach dem Aufbau geht es schnell und flüssig los und in 15 bis 20 Minuten ist eigentlich jede Mission gut zu schaffen. Apropos Mission: Das ist auch gleich das zweite Feature dieses großartigen Spiels. BOMB BUSTERS kommt nämlich nicht nur mit einem Setting, sondern direkt mit 66 verschiedenen Aufgaben. Diese beginnen leicht mit einer Schulung und münden dann in geheimnisvollen Boxen à la Dorfromantik, die es immer weiter zu entdecken gibt. Designer und Redaktion haben hier wirklich tolle Arbeit geleistet, denn wir werden quasi in das Spiel gezogen. Die nächste Partie und die nächste Entdeckung sind nah. Ich muss nur noch schnell aufbauen. Das Spielsystem funktioniert einfach und eignet sich dabei auch für Menschen, die sonst nicht so viel mit Spielen zu tun haben.

Bei all dem Lob gibt es aber auch drei Kleinigkeiten, die mich stören und die ich nicht unerwähnt lassen kann:

Erstens empfinde ich die kleinen Kabelteilchen als unglaublich fummelig. Dadurch, dass sie so klein sind, lassen sie sich schlecht stapeln und an die Spieler*innen weitergeben. Auch das Mischen fällt mir schwer, weil sie sich immer wieder zufällig umdrehen und der Prozess dann etwas für die Katz ist. Als ich über dieses Problem nachdachte, habe ich mir die Frage gestellt, ob nicht Karten eine Lösung gewesen wären. Insofern freue mich bereits jetzt auf BOMB BUSTERS – THE CARD GAME.

Zweitens gefällt mir das Artwork des Spiels gar nicht, wie ich bereits oben  anklingen lassen hatte. Dabei ist es nicht einmal so, dass ich dem Comicstil von Dominique Ferland gegenüber generell abgeneigt wäre – im Gegenteil. Hier wirkt das Spiel jedoch so, als ob es sich nicht entscheiden könnte, was es sein will. Einerseits wirken die Figuren sehr kindlich, trotz des ernsten Themas. Auf der anderen Seite springen die dicken Konturlinien aggressiv ins Gesicht und an Farbe lassen die Bombenentschärfungstiere (Deutsch ist eine großartige Sprache!) auch vermissen.

Drittens stört mich ein wenig, dass ich mit wechselnden Gruppen nie wirklich tief in das Spiel abtauchen kann. Die Mechanismen müssen aus meiner Sicht gelernt werden. Ich kann zwar mit Mission 8 direkt einsteigen, das, was danach kommt, ist für den Anfang aber zu viel. So mache ich nur immer wieder Babyschritte in die neuen Module, wo ich doch gerne möglichst viel erkunden würde. Aber so ist das halt wahrscheinlich mit Kampagnenspielen auf diesem Niveau. Meine Expert*innen-Kampagnengruppen bekomme ich nämlich leider nicht dazu motiviert, das Spiel mit mir durchzuzocken.

Alles in allem ist BOMB BUSTERS aber ganz hervorragend gelungen. Als Familienspiel taugt es bei uns ausgezeichnet, auch wenn es für die Jüngste mit sieben Jahren noch etwas zu viel ist. Es spielt sich zu zweit genauso rund wie zu fünft, und ich kann mich gar nicht entscheiden, welches jetzt mein Lieblings-Player-Count ist. Ich denke, dass ich mich deshalb nicht zu weit aus dem Fenster lehne, wenn ich prognostiziere, dass das Spiel im nächsten Jahr bei den einschlägigen Preisen (Spiel des Jahres, Deutscher Spielepreis) mindestens Erwähnung finden wird.

Transparenzhinweis

Für diese Rezension stand mir ein kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung, welches mir ohne Auflagen vom Verlag übermittelt worden ist.

Abschließende Bewertung des Ministeriums

„BOMB BUSTERS ist ein brillantes Deduktionsspiel auf Familienniveau, welches sich für zwei bis fünf Spieler*innen gleichermaßen gut eignet. Das Spielsystem und die Missionen sorgen dafür, dass es selten bei einer Runde bleibt. Einzig beim Material würde ich mir für die nächste Box kleinere Anpassungen wünschen. Ein Geheimtipp der SPIEL24, der schon längst keiner mehr ist und sicher ein ganz heißer Kandidat für Ehrungen im Jahre 2025.“
Johannes
Brettspielminister

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