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TRANSGALACTICA – Eine Banane im Weltall

von Johannes

Über das Spiel

Wie es geht

Die Grundmechanik des Spiels ist dabei recht einfach. Es handelt sich um den für mich besten Mechanismus, nämlich Worker Placement. In TRANSGALACTICA, in dem es darum geht, dass der galaktische Senat ein Dekret erlassen hat, nach dem die Spieler*innen mehr über den Weltraum abseits der bekannten Grenzen erforschen sollen, wird diese zentrale Mechanik mit Engine Building verbunden. Hierzu stehen mir mehrere kleine und große Arbeiter*innen sowie ein Tableau zur Verfügung. Die großen Arbeiter*innen, die Kapitäne, darf ich in die Haupt-Einsatzfelder stellen. Dort kann ich auf verschiedenen Leisten hochklettern, Ressourcen und Aufträge sammeln, Technologien erlernen oder meine Basen auf den Planeten in der Mitte des Spielfeldes platzieren. Habe ich diese Hauptaktion ausgelöst, kommen die kleinen Arbeiter*innen dran: In Spieler*innenreihenfolge dürfen alle nach mir folgenden Spieler*innen entscheiden, ob sie bei der Aktion mitziehen dürfen. Dazu werden die kleinen Arbeiter*innen auf ein zur Aktion passendes kleineres Feld gestellt. Dieses „Mitziehen“ ermöglicht ihnen, eine abgeschwächte Version der Hauptaktion auszuführen – meist etwas teurer oder weniger effektiv. Dieses Mitziehen ist wichtig, denn in jeder der fünf Runden steht jede Aktion nur genau einmal zur Verfügung. Ziehe ich nicht nach und beiße in den sauren Apfel der höheren Kosten oder Limitierungen, dann kann ich die Aktion die ganze Runde über nicht mehr auslösen. Die einzige Ausnahme hiervon bildet das Joker-Feld, welches aber ebenfalls mit hohen Ressourcenkosten verbunden ist.

Die verschiedenen Aktionen und Leisten des Spiels sind eng miteinander verzahnt. So wird mein Fortkommen auf der Militärleiste beispielsweise durch meinen Technologierank begrenzt, oder für Einkommens- und Mineneffekte muss ich zunächst auf der Politikleiste voranschreiten. Das Besetzen der Planeten ist ebenfalls wichtig, denn sie erlauben es mir, Rohstoffe abzubauen, die ich für die Missionskarten brauche. Gleichzeitig ist die Spieler*innenreihenfolge aber von der Anzahl der Basen abhängig. Habe ich viel gebaut, dann komme ich in den darauffolgenden Runden später dran. Die erste Person bekommt zudem ein wertvolles Bonusplättchen, was durchaus einen großen Unterschied machen kann, denn Ressourcenknappheit ist ein weiteres Merkmal dieses Spiels.

Hervorragend gelungen finde ich auch die ebenfalls enthaltenen übergreifenden Spielziele (die Dekrete). Hier gibt es einen Rennmechanismus. Die erste Person, die ein Ziel erreicht, darf nämlich über den zu erhaltenden Bonus bestimmen. Danach kann noch eine weitere Person das Ziel erreichen, was der ersten Person aber einen Bonus in Form einer Universalressource bringt. Vier Ziele liegen jeweils aus, die sich aber hinreichend unterscheiden, damit nicht eine Person alle gleichzeitig erreichen kann.

Natürlich hält das Spiel noch viele weitere Elemente bereit, aber eines sollte bis hierhin schon klar sein: Es gibt jede Menge zu tun. Packen wir es also an!

Redaktionell nicht ganz ausgereift

Genau das würde ich gerne tun, aber hier gibt es schon das erste Problem: Das Spiel macht es mir nicht leicht, die Regeln wirklich zu durchdringen. Ich hatte das Glück, dass mir das Spiel bei meiner ersten Partie von Carsten und Lisa (COUPLE OF DICE) erklärt worden ist. Die beiden kannten bereits viele der Fragen, die auftauchen würden und die leider auch nicht mit der Anleitung geklärt werden können. Die Anleitung ist nämlich nicht nur lücken-, sondern auch gleich noch fehlerhaft.

Das bestehende Erratum klärt zwar einige Fehler, lässt aber wichtige Fragen offen. Vor der ersten Partie bei mir zu Hause musste ich die Anleitung ein weiteres Mal lesen und kann nur konstatieren: Sie ist darüber hinaus auch noch unübersichtlich aufgebaut und eignet sich nur bedingt zum Nachschlagen während der Partie.

Die Errata informiert auch über die Fehler auf den Karten und dem Spielbrett. Hier wurde vergessen ein paar der Symbole abzudrucken. An anderen Stellen werden Symbole unterschiedlich eingesetzt, wie zum Beispiel bei der Handels- und Militärleiste.

Die Symbolsprache selbst ist meine nächste Hürde: Die Anleitung listet rund 45 verschiedene Symbole auf. Dass es diese auch noch in verschiedenen Farben für die einzelnen Leisten gibt, ist selbstredend. Teilweise sprechen die Symbole leider keine klare Sprache und werden trotz fast identischen Aussehens unterschiedlich verwendet. Dies verstärkt den ersten Eindruck der Unübersichtlichkeit, den das Spiel ohnehin schon durch das sehr volle Spielbrett und die Playerboards evoziert.

Immerhin: Das Spiel fördert die Kommunikation am Tisch. Häufige Regelfragen wechseln sich nach Fragen zur Spieler*innenreihenfolge ab, denn diese sorgt regelmäßig für Verwirrung beim Folgen.

Weiterhin hatte ich bereits in den wenigen Partien den Eindruck, dass auch das Balancing zum Zeitpunkt des Druckes nicht abgeschlossen war. Einige der Technologien sind klar stärker als andere und auch bei den asymmetrischen Fraktionsfähigkeiten sind mehrere dabei, bei denen ich im Spiel sehr viel öfter von ihrem Einsatz profitieren werde, als von anderen.

Kleine helle Sterne im All

Trotz der redaktionellen Schwächen zeigt TRANSGALACTICA im Kern solide spielmechanische Stärken. Schaue ich mir nur die mechanischen Aspekte an und ignoriere die Unklarheiten und das Balancing, dann funktioniert TRANSGALACTICA grundsätzlich gut. Mir gefällt insbesondere der Grad an Interaktion, der durch das Folgen und die Planetenbebauung entsteht. Eigentlich bin ich beim Auswählen der Aktionen durchgehend gezwungen, auch zu überlegen, was meine Mitspieler*innen wohl auswählen werden. Habe ich ausreichend Ressourcen, dann kann ich mir die Auswahl von bestimmten Aktionen womöglich schenken und darauf spekulieren, dass eine andere Person sie nehmen wird. So entstehen klare Prioritäten in der Aktionswahl, die aber nicht immer ausgeführt werden können. Auch die Verwaltung der Crew-Mitglieder, die ebenfalls für die Dekrete benötigt werden, ist interessant.

Die Vielzahl an Karten, die das Spiel mitbringt, sorgt zudem dafür, dass einzelne Partien sich hinreichend stark voneinander unterscheiden. Einfach meinen Stiefel herunterspielen, das funktioniert bei TRANSGALACTICA nicht.

Gut gefällt mir auch das bunte Artwork. In meiner Rezension zu MONDBASIS SHACKLETON in der aktuellen FAIRPLAY (N. 153) habe ich geschrieben, dass bunte Farben oft einen schönen Kontrast zum Schwarz des Weltraums einnehmen. Und auch das bewahrheitet sich bei TRANSGALACTICA. Die comichaften Darstellungen der einzelnen Alien-Völker nehmen dem Spiel auch etwas vom sonst vorherrschenden Ernst.

Wenn ich möchte, dann kann ich zudem alle Holzspielmaterialien noch bekleben, was sie noch etwas hübscher macht. In unserer ersten Partie zu Hause haben wir die durch die anderen Spieler*innen entstehenden Analysepausen so gut nutzen können. Es waren nämlich so viele Aufkleber, dass ich eine ganze Partie damit beschäftigt war, nur die Aufkleber für meine Aliens und die Ressourcen aufzubringen. Da die Aufkleber insbesondere auf den Außenposten nicht sonderlich gut kleben, ist das ein immer wiederkehrender Spaß. Ein stärkerer Kleber oder besseres Material wären hier wünschenswert.

Insgesamt erhalte ich so den Eindruck, dass das Spiel ein sogenanntes Bananenprodukt ist. Es reift beim Kunden. Bei Spielen ist aber das Problem, dass hier anders als zum Beispiel bei Software schlechter nachjustiert werden kann, wenn erst einmal alles gedruckt vorliegt. Das aktuell für ein T-Spiel relativ schwache Rating von 6,5 dürfte im Wesentlichen darauf zurückzuführen sein. Für den deutschen Markt hoffe ich deshalb inständig, dass SKELLIG GAMES, als deutscher Herausgeber, es schafft, die Fehler des Spiels zu beheben und dem Markt eine wirklich gut spielbare Version zu bescheren.

Die Reputation von TRANSGALACTICA dürfte aber auf der anderen Seite bereits nachhaltig so beschädigt sein, dass das Spiel nicht mehr zu einem wahren Hit mutiert. Schade eigentlich, es hätte durchaus das Potenzial gehabt. Probiert es vielleicht einmal mit jemandem aus, der*die es bereits beherrscht.

Ich jedenfalls kann es in dieser Form nicht abschließend bewerten und hoffe einfach auf das nächste T-Spiel.

Transparenzhinweis

Für diese Rezension stand mir ein kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung, welches mir ohne Auflagen vom Verlag übermittelt worden ist.

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