Home Rezensionen 3 Chapters – Wählen, Stechen und Werten im Märchenwald

3 Chapters – Wählen, Stechen und Werten im Märchenwald

von Johannes

Über das Spiel

  • Erschienen bei Amigo
  • Autor: Joe Hout
  • BGG-Wertung: 7,3 | Weight: 1,50 | Spieler*innenanzahl: 2-4

 

Es war einmal…

 ein Kartenspiel und das hatte 50 Karten. Auf den Karten waren unterschiedliche Märchengefährten abgebildet. Da waren Pinocchio und Geppetto, Rotkäppchen und der böse Wolf, Schneewittchen und die sieben Zwerge, Tweedledum und Tweedledee und viele andere. Gelenkt von größeren Mächten stellten sich die Held*innen ihren Rival*innen, um am Ende die meisten Sterne, Herzchen und Rubine für sich zu gewinnen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann spielen sie noch heute.

3 Chapters – 3 Spiele in einem

Hach, wie märchenhaft kann Brettspielen sein und so kommt 3 Chapters im Gewand eines Märchenbuches daher. Wie auch in der Anleitung beschrieben, wird 3 Chapters mit drei Kapitel übersetzt und diese Kapitel sind Auswahl der Gefährten, ein Stichspiel im zweiten Kapitel und Punktesammeln in Kapitel drei. Damit ist das Spiel storytechnisch auch schon auserzählt, aber immerhin zur Mechanik lässt sich noch mehr sagen.

Im ersten Kapitel des Spiels geht es mittels Draftings darum, dass ich mein eigenes Deck zusammenstelle. Hierzu werden an alle Mitspieler*innen jeweils acht Karten ausgeteilt. Von diesen wähle ich eine aus und gebe die anderen sieben an meine*n linke*n Mitspieler*in weiter. Dies mache ich so lange, bis ich nur noch zwei Karten auf der Hand habe, von denen ich eine auswähle und die letzte ablege. Bei vier oder mehr Mitspieler*innen entsteht so eine Kartenhand von 7 Karten. Bei drei Mitspieler*innen gibt es eine Variation im Drafting, bei der zwei mal vier Karten aus acht ausgeteilten Karten gedraftet werden und zu zweit gibt es noch einen Geisterstapel. Aber, ganz ehrlich, es ist kein Zweipersonenspiel. Die Drei-Personen-Variante funktioniert aber hervorragend, vielleicht sogar am besten.

Habe ich nun mein Deck, muss ich meine Gefährt*innen im zweiten Kapitel in einem Stichspiel gegen die der anderen Mitspieler*innen antreten lassen. Zwei Dinge sind hier wichtig: Oben links auf den Karten ist eine Zahl von eins bis 50 angegeben. Diese zählt für den Stich und die höchste Zahl gewinnt. Es gibt keine Farben und keine Trümpfe, einfach nur die Zahl. Der*die Gewinner*in des Stichs bekommt einen Stern, der am Ende einen Punkt zählt. Auf den Karten ist jedoch noch eine individuelle Fertigkeit mit angegeben, die in Kombination mit den ausgespielten Karten meiner Mitspieler*innen zählt. Je niedriger der Kartenwert oben links, desto stärker ist in der Tendenz die Fähigkeit. Zum Beispiel bekommt der*die Spieler*in von Pinocchio Herzen, wenn Geppetto auch in der Runde ausgespielt worden ist. Andere Karten beziehen sich auf die Eigenschaften (Zauber, Monster, Bösewicht und so weiter) der anderen Karten. Beim Ausspielen muss ich also darauf achten, was die anderen ausgespielt haben – zum einen, um meine eigenen Punkte zu maximieren, aber zum anderen auch, damit ich meinen Mitspieler*innen keine Punkte schenke. Nachdem alles abgehandelt worden ist, werden die Karten von den jeweiligen Spieler*innen zurückgenommen und auf einen Stapel gelegt.

Denn im drittel Kapitel breite ich alle meine Karten wieder vor mir aus und werte sie erneut. Dieses Mal jedoch untereinander. Ich vergleiche also Karte für Karte, wie viele Punkte mir meine anderen Karten bringen. Das Drafting im ersten Kapitel wirkt sich also doppelt aus.

Spielreiz

Und genau das macht das Spiel interessant. Es macht Spaß, sich zu überlegen, wie sich mit den ausgeteilten Karten wohl am besten Punkte generieren lassen. Dadurch, dass die Decks immer neu zusammengemischt werden, variieren auch die gewinnbringenden Taktiken sehr stark. Ich habe schon mit hohen Karten und dem Gewinn vieler Stiche gepunktet, genauso wie mit dem Sammeln von Kristallen (diese geben jeweils nur einen halben Punkt) über Zwerge und einem Fokus aus Herzen. Steuern lässt sich das Ganze dabei aber nur über das Drafting am Anfang. Ich muss also möglichst schon mit den ersten acht beziehungsweise zweiten sieben eine gute Grundlage für meine gesamte Hand bilden und darauf hoffen, dass auch die dritten sechs Karten noch dazu passen.

Langfristmotivation und Erweiterungspotential

Das Spiel funktioniert im Kleinen ganz hervorragend und fühlt sich ein wenig an wie Fantastische Reiche, das mit der Nominierung zum Kennerspiel des Jahres 2021 dem damals neu gegründeten Verlag Strohmann Games eine sehr gute Grundlage für die weitere Arbeit bereitete. Ich erinnere mich gut, wie stark das Spiel damals in den sozialen Medien gehyped wurde und könnte mir auch vorstellen, dass 3 Chapters ein ähnliches „Schicksal“ bevorsteht. Allerdings bietet 3 Chapters weitaus weniger Variation und damit auch Langfristmotivation. Dadurch, dass die Spielkarten mit den Werten von 1 bis 50 ausbalanciert sind, dürfte es sich auch nicht erweitern lassen. Wie sehr das die Community stört, muss sich in dieser Frage wohl zeigen. Für den Moment ist 3 Chapters aber ein tolles kleines Spiel, welches es einen starken Aufforderungscharakter hat und durch die Märchenfiguren in jeder Partie eine eigene Geschichte erzählt.

Transparenzhinweis

Für diese Rezension stand ein kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung, welches dem Ministerium ohne Auflagen vom Verlag übermittelt worden ist.

Abschließende Bewertung des Ministeriums

„3 Chapters hat aus meiner Sicht viel Potential, um sich um Laufe des Sommers zu einem Hype-Titel zu entwickeln. Märchenfiguren sind aktuell ein beliebtes Thema, das Spiel ist ansprechend gestaltet und die drei verschiedenen Spielphasen sind exzellent miteinander verwoben. Es macht Spaß, die Charaktere immer wieder neu zu kombinieren und sich in jeder Partie mit einer neuen Strategie zu beweisen. Ob das Spiel bei nur 50 Karten auch längerfristig motiviert, muss sich allerdings zeigen.“
Johannes
Brettspielminister

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3 Kommentare

Lothar 7. Oktober 2024 - 15:09

Das ist grausam diesen Text mit den ganzen Gender Sternchen etc. zu lesen. Ich habe das nach ein paar Sätzen abgebrochen.

Antworten
Johannes 7. Oktober 2024 - 15:28

Reaktanz ist natürlich ein riesiges, wenn nicht sogar das größte Problem an der Debatte. Ich gendere bewusst und absichtlich, weil ich davon überzeugt bin, dass die Verwendung des generischen Maskulins zu einer kognitiven Unterrepräsentanz von Personengruppen führt. Dieses hat weitreichende Folgen, bis hin zur Berufswahl von Kindern. Wenn ich von Expertenspielen schreibe, dann evoziert das in vielen Fälle nun einmal das Bild eines männlichen Experten. Die negativen Effekte sind hinreichend erforscht und belegt. Dass das Gendersternchen im Lesefluss stört, ist nur in der Eingewöhnungsphase so. Ja, auch ich musste mich erst daran gewöhnen. Für die gute Sache bin ich aber gerne bereit mich umzustellen. Gleiches gilt für den glottalen Verschlusslaut, der beim Sprechen auftritt. Erst fällt es auf, dann nicht mehr. Es gibt aus meiner Sicht kein einziges gutes Argument gegen das Gendern.

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Marc-Uwe 24. Oktober 2024 - 23:45

Sehr passende Antwort und Erklärung zum gendern. 🥰 Gerne weiter so.

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