Über das Spiel
- Erschienen bei Next Move Games / Asmodee
- Autor: Michael Kiesling
- BGG-Wertung: 7,0 | Weight: 2,33 | Spieler*innenanzahl: 2
Auf nach Portugal
Als AZUL im Jahr 2017 herauskam, läutete es eine neue Ära abstrakter Spiele ein. Aktuell befinden wir uns gefühlt im Jahr der Zweipersonenspiele, und auch vom Gewinner des SPIEL DES JAHRES 2018 ist jüngst eine Zwei-Personen-Variante erschienen. Je nach Zählweise ist es damit bereits die fünfte oder sechste AZUL-Variante. Bislang konnte ich allen etwas abgewinnen – besonders der Ursprungstitel, welcher zeitgleich der leichteste ist, hatte es mir aber angetan. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie sich hervorragend zu zweit spielen lassen. Dies wird auch von der Community geteilt, die bei BOARDGAMEGEEK „Zwei“ bei fast allen (mit) als beste Spieler*innenzahl angibt. Braucht es da wirklich noch eine Duell-Variante? Ich wollte es zumindest herausfinden.
Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben
Bereits beim Auspacken kommt AZUL – DUEL wie eine alte Liebschaft daher. Klar, AZUL bleibt AZUL – vieles kommt mir vertraut vor: Es gibt Manufakturplättchen, auf die Keramikteilchen gelegt werden, nachdem sie aus dem bekannten Stoffbeutel gezogen wurden. Es gibt einen Turm, in den überzählige Teile am Ende der Runde wandern. Und es gibt Playerboards, auf die ich die gezogenen Steinchen lege. Thematisch bauen wir bei Tag und Nacht – darum das Duell – im Auftrag von König Manuel dem Ersten die Decke des Palastes von Sintra aus. Soweit nur Neuigkeiten in Details, und das gilt auch für den Spielablauf:
Bin ich am Zug, muss ich eine Farbe der vier oder fünf Keramikteilchen auf einem Manufakturplättchen wählen. Alle gezogenen Teile kommen dann in eine Reihe auf meinem Playerboard, wo sie am Ende der Runde abgetragen werden und mein individuelles Mosaik ergeben. Die Teile, die nicht gewählt wurden, werden in dieser Variante auf dem Rand der Manufakturplättchen übereinandergestapelt (kleine Manufakturen) oder gelegt (große Manufakturen), wo sie später ebenfalls genommen werden können. Ziel ist es dabei, in jeder der fünf Runden möglichst viele Steinchen an bestehende Zeilen oder Reihen anzulegen – denn das gibt besonders viele Punkte. Tatsächlich ist diese neue Version von AZUL dem ersten Teil näher als alle bisherigen Nachfolger. Es kommen aber zwei Elemente dazu, die dieses AZUL noch einmal abheben:
Zum einen muss das Tableau – wie bei AZUL – DIE GÄRTEN DER KÖNIGIN – individuell zusammengebaut werden. Um dies zu tun, kann ich in den ersten vier Runden jeweils zwei der drei Planteile aus der Auslage kaufen. Das vierte benötigte Teil gibt es im verdeckten Ablagestapel. Von diesem kostet mich das Ziehen aber pro Plättchen, aus dem ich auswählen möchte, einen Punkt. Zum anderen liegen auf den kleinen Manufakturplättchen zuunterst jeweils Pappteile, die als zerbrochene Fliesen gelten. Diese kann ich am Ende der Runde nutzen, um fehlende Fliesen aufzufüllen – sofern ich die richtigen Farben habe. Auch von diesen erhalte ich pro Runde zwei Stück. Der Aktionsauswahlhorizont erhöht sich also von „Welche Farbe möchte ich haben?“ auf „Welche Farbe, zerbrochene Fliese oder Planteilchen?“ möchte ich haben. Weiterhin zu berücksichtigen ist zudem, dass es pro Spiel jeweils drei verschiedene Ziele für die Endwertung gibt und ich die Bedarfe meiner Mitspieler*in stets im Auge behalten sollte. Oft ist es nämlich im Endeffekt günstiger, etwas wegzunehmen, als selbst aufzubauen. Auch das ist AZUL: cleveres Taktieren.
In ihrer Laudatio hob die Spiel-des-Jahres-Jury 2018 hervor, dass „Autor Michael Kiesling die Meisterleistung gelungen [ist], einem einfachen Auswahlmechanismus so viel Tiefgang zu verleihen, dass dieser einen nahezu endlosen Wiederspielreiz auslöst“ (Spiel des Jahres e.V.). Dieser Wiederspielreiz wird für mich bei AZUL – DUEL mit wenigen Zusatzelementen erneut ausgelöst, ohne das Spiel dabei regeltechnisch zu überfrachten. Wie so oft gilt: Einfach ist manchmal am besten.
Nur an anderer Stelle kann ich beim neuen AZUL leider nicht mehr mit der alten Honorierung mitgehen. Dort hieß es: „Allein das Material ist ein Genuss“ (Spiel des Jahres e.V.). Klar, die Steine sind weiterhin schön und auch das Säckchen ist toll. Aber warum mussten die Playerboards aus so dünnem Material bestehen – und dann auch noch geknickt werden? Es ist einfach schwierig, sie gut auf dem Tisch zu platzieren, sodass die dünnen zerbrochenen Fliesen gerne mal verrutschen. Bei der Punkteübersicht, die ebenfalls gerne mal verrutscht, träume ich ein wenig von Dual-Layer, verstehe aber, dass das preislich wahrscheinlich nicht abbildbar wäre. Vielleicht hätte man zumindest den Turm so gestalten können, dass er aufgebaut in die Schachtel passt?
Transparenzhinweis
Für diese Rezension stand mir ein kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung, welches mir ohne Auflagen vom Verlag übermittelt worden ist.
Abschließende Bewertung des Ministeriums
