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SETI – Die Suche nach dem Eurogame des Jahrgangs

von Johannes

Über das Spiel

Einleitung

Es muss ungefähr das Jahr 2000 gewesen sein, als ich das erste Mal mit SETI in Berührung gekommen bin. Mein damaliger bester Freund hatte kurz vorher seinen ersten eigenen PC bekommen und war im Internet, welches tatsächlich damals noch für viele Menschen Neuland war, auf SETI@home gestoßen. In dem Projekt konnten Privatanwender*innen ihre Rechenleistung für die Suche nach außerirdischen Leben einsetzen. Er fand das irgendwie spannend, ich benötigte meine Rechenleistung eher für die neuesten Computerspiele und so trug ich nichts zu dem Projekt bei.

Trotzdem klingelte etwas bei mir, als das Spiel SETI: AUF DER SUCHE NACH AUSSERIRDISCHEM LEBEN (im Folgenden nur noch SETI) zur SPIEL24 angekündigt wurde. Und tatsächlich: Das Spiel knüpfte an meine Vorkenntnisse an.

Proposal: Die Suche nach außerirdischem Leben

Dass es „da draußen“ irgendwo noch weitere Lebensformen – vielleicht ja sogar intelligente – geben könnte, das begeistert viele Menschen. Angesichts dessen, dass sich allein im beobachtbaren Universum eine Billion Galaxien befinden könnten und unsere Milchstraße aus etwa 250 Milliarden Sternen besteht, scheint die Wahrscheinlichkeit auch gar nicht so klein.

In SETI begebe ich mich auf die Suche nach diesen Lebensformen. Drei Werkzeuge stehen mir dafür zur Verfügung: Das Entsenden von Sonden auf andere Planeten. Das Scannen des Himmels mittels Teleskope. Und schließlich das Auswerten von Computerdaten. Im Interview mit dem Spielboxcast hat Autor Tomáš Holek betont, dass er sich sehr für Astronomie und das Weltraumthema interessiert. Das merke ich spätestens an dieser Stelle. Denn bis hierhin entsprechen die Methoden weitestgehend dem, was auch wissenschaftlich zur Entdeckung außerirdischen Lebens unternommen wird. Im Spielverlauf werden die wissenschaftlichen Pfade dann aber verlassen. Zwischen dem ersten Drittel und der Hälfte des Spiels kommt es tatsächlich zum Kontakt mit Außerirdischen, und zwei von fünf verschiedenen Alienrassen werden aufgedeckt. Gestalt und Interessen der Aliens sind dabei höchst unterschiedlich. Manche wollen nur beobachten, mit anderen kann gehandelt werden. Gefährlich werden diese Aliens mir als Spieler aber nicht. In SETI gibt es ausschließlich friedliebende Weltraumbewohner*innen.

Forschungsprojekte kosten Geld und Energie

Überhaupt ist SETI kein besonders konfliktreiches Spiel. Interaktionen entstehen nur am Rande, selten nehme ich meinen Mitspielenden mal etwas weg. Stattdessen darf ich mich ganz auf meine eigenen Karten und auf mein Board konzentrieren. Bin ich am Zug, dann kann ich immer eine Hauptaktion ausführen. Diese sind: Karte ausspielen, Himmel scannen, Berechnungen durchführen, Sonden aufsteigen oder landen lassen, oder eine neue Technologie dazugewinnen. Dazu kommen einige Nebenaktionen, wie das Bewegen der Sonden, das Einspielen von Informationen in den Computer oder der Tausch von Ressourcen. Ressourcen werden nämlich für das Ausführen der Hauptaktionen benötigt, und Forschung ist teuer. Eigentlich habe ich ständig einen Mangel. Entweder es fehlt mir an Geld oder an Energie oder gleich an beidem. Kann ich gar nichts mehr machen, dann muss ich passen und darauf warten, dass meine Mitspieler*innen ebenfalls die Runde zu Ende gespielt haben. Für gewöhnlich unterscheidet sich die Anzahl der Züge zwischen den Mitspielenden aber nicht so stark. Auch dann nicht, wenn ich direkt am Anfang meiner Runde mein ganzes Geld für eine besonders gute Karten ausgegeben habe. Gespielt wird über fünf Spielrunden.

Ich behaupte, dass SETI mich aber nicht wegen der Aktionen, sondern zunächst mit dem auffälligen Spielbrett in den Bann gezogen hat. Das Zentrum eines jeden Sonnensystems ist die Sonne. Dadurch, dass wir noch ein Ballonlicht hineingelegt haben, leuchtet sie sogar. Umkreist wird sie von den Planeten, die wir im Spiel besuchen wollen. Das Umkreisen wird durch drei bewegliche Spielbretter simuliert. Zu bestimmten Ereignissen werden die drei Scheiben weitergedreht, was das Spielbrett kontinuierlich ein klein wenig verändert und dazu führt, dass auch alle Ecken des Sonnensystems erforscht werden können. Am Rande des Sonnensystems befindet sich eine Kramerleiste sowie rundherum Platz für andere Elemente des Spiels. Alles wirkt sehr aufgeräumt und ist insgesamt gut zugänglich, auch wenn die Spielkarten gezwungenermaßen manchmal wundern müssen, wenn der Spieltisch groß ist.

In anderen Rezensionen habe ich an dieser Stelle Vergleiche zu TERRAFORMING MARS gelesen. Diese sind insofern zutreffend, als beide Spiele viele Karten haben und ich mir mit den Karten über Missionsaufträge (SETI) Synergien aufbauen kann. Alles in allem bin ich bei SETI aber nicht so stark vom Kartenglück abhängig, wie bei TERRAFORMING MARS. In SETI lassen mich die Karten nämlich meistens „nur“ die Grundaktionen (Landen, Scannen, Datenanalyse) zu veränderten Konditionen ausführen. Darüber hinaus erhalte ich eventuell andere Ressourcen und über manche Karten Aufträge. Von diesen gibt es silberne, die ich während des Spiels erledigen kann (und dann wieder Boni bekomme) und goldene für Siegpunkte am Ende des Spiels. Ferner handelt es sich bei den Karten nicht nur um Dual-Use-Karten, sondern gar um Quadruple-Use! Die Karten können für ihre Aktionen eingesetzt werden. Ich kann sie aber auch für ihren Bonus oben links abwerfen, erhalte mitunter Gelegenheit, sie als dauerhafte Einkommensquelle zu verwenden (unten rechts), oder ich nutze sie zum Scannen (oben rechts). Als kleines Easter Egg gibt es übrigens auch eine Karte vom Zwergplaneten Pluto, den man so bereisen kann, obwohl er ja nicht mehr als Planet kategorisiert wird.

Durch die oben bereits genannten Technologien kommt noch ein kleiner Engine-Building Aspekt ins Spiel. Immer dann, wenn mein wissenschaftlicher Ruf gut genug ist, kann ich mir eine neue Technologie aussuchen. Diese verbessern und erweitern meine Basisaktionen ein wenig. So bringt das Scannen im Computer zusätzliche Ressourcen ein, es wird günstiger, mit den Sonden zu landen, oder ich habe mehr Auswahl beim Scannen von Planeten. Zusätzlich erhalte ich, wenn ich die erste Person bin, die eine bestimmte Technologie erwerbe (von allen sind genügend da) noch zwei Punkte als Bonus.

Diese Schnelligkeit wird auch noch an anderer Stelle belohnt, nämlich beim Aussuchen der individuellen Endsiegpunkte-Bedingungen, die ich dann auswählen kann, wenn ich bestimmte Punkte auf der Kramerleiste erreiche. Diese sind wichtig, denn sie machen rund 20 % der Gesamtpunkte aus. Den Rest der Punkte bekomme ich während des Spiels.

SETI macht glücklich

Doch auch abseits des reinen Punktegewinns verspüre ich Glücksgefühle beim Spielen von SETI. Das Spiel ist aus meiner Sicht nämlich sehr positiv gestaltet. Egal welchen Weg ich einschlage, ich entwickele meine Forschung und mich stetig weiter. Sonden stürzen nicht ab, Scans liefern immer Datenpunkte und Datenanalysen belohnen mich mit Ergebnissen. Passe ich frühzeitig, habe ich zumindest mehr Auswahl bei den Karten. Dazu kommt, dass es – wie beschrieben – wenig negative Interaktionen gibt. Natürlich kann ein*e Mitspieler*in mal genau die Technologie zuerst kaufen, die ich gerade haben wollte, das kostet mich aber maximal 2 Punkte oder einen Bonus. Oder das Sonnensystem wird vor meinem Zug verschoben und ich muss mir ein anderes Ziel suchen. Extremer wird es aber nicht.

Letztlich lebt SETI von zwei Dingen: der Entdeckung der Karten und der Aliens und vom Timing. Wann ich welche Aktion mache, das gilt es herauszufinden. Dann klappt es auch mit den Aliens. Das Spiel bietet dabei genügend Möglichkeiten, um verschiedene Wege zu beschreiten, sodass es nicht langweilig wird.

Auch Kettenzüge halten sich in Grenzen. Auf BGG wird zwar bereits drei Personen als die beste Spieler*innenanzahl genannt, mit einigermaßen entscheidungsfreudigen Mitspieler*innen kann ich es auch mit vier Personen empfehlen. Dann passiert noch etwas mehr im Sonnensystem, was das Spiel für mich spannender macht. Es funktioniert aber auch gut zu zweit. Über den Solomodus kann ich – wie immer – keine Aussage machen.

Vom spielerischen Niveau ist SETI ein Expert*innenspiel. Die Anleitung ist gut gestaltet und die beiliegende Spieler*innenhilfe hält alle Informationen bereit, die ich während des Spiels benötige. So auch eine Übersicht über die verwendeten Symbole, denn diese waren zumindest für meine Gruppen nicht immer eingängig. Reichen mir Anleitung und Hilfekarten nicht, gibt es mittlerweile schon einige gute Regelvideos. Exzellent ist das offizielle englische Regelvideo, auf Deutsch könnt ihr beim Couple of Dice vorbeischauen.

Absolut überragend ist für mich die Qualität des Spielmaterials. Vor allem in diesem Preisniveau habe ich nur wenige Spiele im Schrank, die dort mithalten können. Noch besser wäre es nur gewesen, wenn auch ein Insert vorhanden wäre. Aber das ist wirklich Jammern auf höchstem Niveau.

Was den Wiederspielreiz anbelangt, sorgen die fünf verschiedenen Alienrassen, die variablen Endsiegbedingungen und der große Kartenstapel mit 138 Karten für Abwechslung. Ich habe mittlerweile alle Aliens mehrfach auf dem Tisch gehabt und habe bisher nicht das Gefühl, dass ich wirklich alles in dem Spiel gesehen habe. Der Zauber der Entdeckung dürfte dennoch endlich sein. Das Spiel böte gute Möglichkeiten für Erweiterungen – gegeben dem Erfolg, habe ich aber vielleicht Glück und der Verlag liefert noch mehr Futter.

Denn SETI gefällt mir außerordentlich gut!

Transparenzhinweis

Für diese Rezension stand mir ein preisreduziertes Rezensionsexemplar zur Verfügung, welches mir ohne Auflagen vom Verlag übermittelt worden ist.

Abschließende Bewertung des Ministeriums

„SETI ist für mich bislang eines der Highlights, wenn nicht gar das Highlight, des Spielejahrgangs 2024/2025. Es verbindet wissenschaftliche Themen mit belohnendem Gameplay und wunderschönem Material. Geschickte Planung und perfektes Timing führen zum Erfolg – und selbst wenn man nicht gewinnt, erzählt jede Partie eine faszinierende Geschichte.“
Johannes
Brettspielminister

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