Über das Spiel
- Erschienen bei KOSMOS
- Autor*innen: Rebecca Bleau, Nicholas Cravotta
- BGG-Wertung: 7,8 | Weight: 2,00 | Spieler*innenanzahl: 1-4
Vorwort
Ein neuer Stern zeigt sich am Rätselhimmel, denn mit MEDICAL MYSTERIES tauchte zur SPIEL 2024 ein unverbrauchtes Thema auf. Statt aus einem Verlies zu entkommen oder Verbrechen auf der Spur zu sein – nicht falsch verstehen, auch das macht mir weiterhin viel Spaß! – bin ich in MEDICAL MYSTERIES als Ärzt*innen in Notaufnahmen in New York und Miami kleineren und größeren Krankheiten auf der Spur. Wie das geht und ob mir das Erlebnis gefallen hat, das könnt ihr im Folgenden lesen.
Impressionen
Ich, der Gott in Weiß
Direkt nach dem Öffnen der Schachtel werde ich von Schwester Judy freundlich begrüßt. „Ihr müsst die Neuen sein! Kommt, ich führe euch herum“, sagt sie und das erste Aufnahmegespräch folgt stante pede. In der Notaufnahme gibt es keine Zeit zu verlieren und so tickt die Uhr von Anfang an. Zur Unterstützung erhalte ich noch eine elektronische Patientenakte, auf der die wichtigsten Informationen wie die Anamnese, Blutdruck, Allergien etc. aufgeführt sind, ein Behandlungsformular, mehrere Recherchebögen und einen Stapel mit Story und Zustandskarten.
Die erste Zustandskarte bestimmt, wie es dem*der Patient*in im Augenblick geht und zeigt auf, welche Optionen mir zur Verfügung stehen. Diese können von Gesprächen mit den Patient*innen oder Fachärzt*innen, über Medikamentengaben bis hin zu Untersuchungen wie einem MRT reichen. Jede Option, die ich nutze, kostet aber Zeit, die ich auf Behandlungsformular eintragen muss und nicht jede Option ist auch sinnvoll. Manche können sogar schwerwiegende negative Folgen bis hin zum Tod für die Patient*innen haben. Aus diesem Grund ist es ratsam, vorher in den Recherchebögen die besten Optionen herauszufinden.
Bin ich nicht zufällig ausgebildeter Mediziner*in, dann ist das Lesen der Recherchebögen auch meine Hauptbeschäftigung in diesem Spiel, denn ich möchte ja unbedingt herausbekommen, was meine Patient*innen haben. Und das gelingt mir ohne fundiertes medizinisches Wissen eben nur über die Bögen. Verfüge ich über solch ein Wissen, dann kann ich möglicherweise auch ein wenig abkürzen, denn das Spiel wurde zusammen mit Ärzt*innen entwickelt und ist entsprechend inhaltlich akkurat. Die Recherchebögen bleiben über die Boxen hinweg die gleichen, was den Leseaufwand etwas entschärft. Ich finde, dass das eine gute Lösung ist.
Sobald ich eine Option genutzt habe, bekomme ich einen Ergebniscode, der mir dann weitere Informationen liefert. Manchmal verändern sich auch die Zustände der Patient*innen – etwa, wenn die Behandlung hilft, oder ich nicht schnell genug arbeite. Nach jeweils drei Aktionen wird die Story vom Spiel vorangetrieben und nach maximal 12 Schichten ist das Spiel pro Fall in der Regel vorüber – sofern ich keine Überstunden einlege. Letzteres würde Punktabzug bringen. Für uns war es aber in keinem Fall notwendig.
Zur SPIEL 2024 sind die beiden Boxen MEDICAL MYSTERIES – MIAMI FLATLINE und MEDICAL MYSTERIES – NYC EMERGENCY ROOM zeitgleich erschienen. Sie enthalten jeweils vier Fälle plus Tutorial, die unabhängig voneinander gelöst werden können. Die Fälle kommen in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, was auch dem aufsteigenden Recherchewissen ein wenig Rechnung trägt.
Spielen ist die beste Medizin
Einzelheiten zu den Fällen kann ich hier natürlich nicht teilen, ohne Gefahr zu laufen, zu spoilern. So viel sei aber verraten: Eigentlich überall kommt es zu unerwarteten Wendungen und nicht immer sind die Geschichten so, wie sie zuerst scheinen.
Das macht auch den Spielreiz für mich aus. Der Level an Immersion ist für ein Rätselspiel relativ hoch und ich kann mich beim Spielen wirklich als Arzt oder Ärzt*in fühlen. Die Patient*innen sind so gut gestaltet, dass ich auf menschlicher Ebene mit ihnen Mitleid haben kann.
Die Autor*innen, die übrigens auch für die ESCAPE THE ROOM-Reihe verantwortlich sind, haben sich zudem bemüht, einen Spannungsbogen aufrechtzuerhalten. Niemals wird uns langweilig und auch wirkliche Mühe empfand ich beim Spielen nicht, denn anders als bei anderen Rätselspielen komme ich hier stetig weiter. Nur der*die Patient*in muss dann eben unter meinen Fehleinschätzungen möglicherweise leiden.
Viel zu meckern habe ich also bei MEDICAL MYSTERIES nicht. Anleitung, Tutorials und Krankheitsfälle sind insgesamt sehr rund. Ein wenig störte mich nur der starke Bezug zum amerikanischen Gesundheitssystems. Ich verstehe das, weil das Spiel ja keine ursprünglich deutsche Produktion ist, aber sollte KOSMOS irgendwann weitere Teile bringen, dann ja vielleicht auch aus einer deutschen Stadt – würde sich für mich noch besser anfühlen. Auf New York und Miami wird in den Fällen ohnehin nicht weiter eingegangen und auch Schwester Judy aus dem Tutorial arbeitet interessanterweise an beiden Standorten.
Zweitens lenken mich die aufgeführten Medikamente und Behandlungsmethoden manchmal doch sehr stark in eine bestimmte Richtung. Sind zum Beispiel drei Medikamente mit Bluthochdruckmittel in unterschiedlichen Wirkstoffen aufgelistet, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich auch unter den Symptomen bei Bluthochdruck fündig werde. Solange das Spiel mit Zustandskarten und Recherchebögen arbeitet, lässt sich das Problem aber wohl nicht lösen lassen. Vielleicht wäre hier das Einbinden einer Website mit Stichwortsuche oder – noch etwas witziger – direkt Dr. Google eine Lösung, die dann aber zugegebenermaßen noch andere Probleme mit sich bringen würde. Denn wir wissen ja alle, dass zum Beispiel alle dermatologischen Probleme dort zu einer lebensbedrohlichen Krankheit werden.
Insgesamt halte ich beide Boxen für sehr empfehlenswert. MIAMI FLATLINE empfand ich jedoch in Bezug auf den Abwechslungsreichtum der Fälle als etwas stärker als NYC EMERGENCY ROOM.
Transparenzhinweis
Für diese Rezension standen kostenfreie Rezensionsexemplare zur Verfügung, welche mir ohne Auflagen vom Verlag übermittelt worden sind.
Abschließende Bewertung des Ministeriums

1 Kommentar(e)
[…] unter dem Tannenbaum anwenden. Eine große Bereicherung für das Rätsel-Genre, wie auch in meiner Rezension […]