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INK – Von außen hübsch bunt, spielerisch blass

von Johannes

Über das Spiel

Aufstellen der Staffelei

Als ich das Cover von INK das erste Mal wahrgenommen habe, war ich spontan verzaubert. Wie die Tinte darauf ineinanderläuft und Farbverläufe entstehen lässt, das sieht einfach großartig aus. Nach dem Lüften des Schachteldeckels endet der Traum jedoch bereits: Die Plättchen, die es in diesem Legespiel zu puzzeln gilt, haben nur flächige Farben ohne weiteren Schmuck. Ebenso wenig farbenfroh fand ich am Ende das Spielgefühl. Warum das so ist, erkläre ich in meiner Rezension.

Tinte auf den Füller ziehen

Zu Beginn starte ich mit einem einzelnen Plättchen. Ausgehend von diesem soll das große Ganze in Form meines eigenen Bildes entstehen – abstrakte Kunst, bei der vor allem einfarbige Flächen zählen. Die Leinwand für alles darüber hinaus ist meine Vorstellungskraft.

Das Bild wächst über Züge auf einem Rundlauf. Ich darf beliebig weit ziehen, auch über den Startpunkt hinaus, werde aber jedes Mal bestraft, wenn ich diesen überschreite: Dann muss ich ein Plättchen aus einem Säckchen ziehen, das Teile meines Bildes überdeckt.

Neben Farben befinden sich weiße Kreise auf den Farbplättchen. Die Nummerierten gelten als Aufträge, die von mir verlangen, bestimmte Flächengrößen zu bilden. Habe ich diese erfüllt, darf ich eine entsprechende Zahl an weißen Kreisen inklusive derjenigen mit der erfüllten Zahl mit Tintenfässchenminiaturen belegen. Bei dem mit der Zahl steht das Fässchen dabei auf dem Kopf und verliert zumindest in meiner Vorstellung seine Farbe. Das ist mutmaßlich auch der Grund, warum es anschließend nicht mehr bewegt werden kann. Auch dann nicht, wenn ich als Auftragsbonus eine Bewegung erhalten habe. Solcherlei Boni – vier an der Zahl, die überdies von Partie zu Partie wechseln – bringen etwas Dynamik ins Spielgeschehen.

Ziel ist es, als Erste*r alle Tintenfässchen auf dem eigenen Bild zu verteilen. Punkte gibt es nicht. Erschwert wird diese Aufgabe dadurch, dass die Hälfte meiner Fässchen nur auf bestimmte Farben gelegt werden darf. Kreative Leistungen werden aber nicht belohnt.

Das kommt mir zugute – mein alter Kunstlehrer meinte einst, ich hätte „kein Talent“. Dafür würde ich ihn heute vermutlich im Spiel besiegen.

Kunstauktion

INK ist ein abstraktes Plättchenlegespiel, wie es in den letzten Jahren viele gab. UWE ROSENBERG hat gleich ein ganzes Regalfach dieser Art herausgebracht. Nur, dass dieses Spiel nicht von ROSENBERG ist, sondern von KASPER LAPP (MAGIC MAZE, THAT’S NOT A HAT). Trotzdem habe ich mich beim Spielen von INK zunächst an NOVA LUNA erinnert, welches 2020 sogar zum SPIEL DES JAHRES nominiert worden war.

Auch da gab es Plättchen, Farben und einen Rundlauf – aber eben auch die interessanteren Aufgaben. INK hingegen bleibt hier erstaunlich eindimensional. Denn ein großes Puzzle ist INK leider nicht. Der Weg zum Ziel, und das ist bedauerlicherweise nicht das schönste Bild, ist vorgezeichnet. Einzig die Boni beim Erfüllen bringen minimale Würze rein. Aber meist liegen in der Auslage gar nicht genügend gute Plättchen, dass mir dort wirklich eine Wahl bliebe. Und das limitiert auch die zu erfüllenden Aufträge und damit die Boni, auf die ich hinarbeiten kann. Schließlich sind weiße Punkte mindestens genauso wichtig beim Erfüllen für große Flächen und beides ist entsprechend schnell weg.

Auch das Ziehen der Verdeckungsplättchen aus dem Sack birgt keine große Aufregung. Dass mal ein Plättchen nicht gut in mein Bild passte und damit meinen Plan durchkreuzte, das kam in meinen Partien so gut wie nie vor.

Nur selten ergab sich in meinen Partien ein wirklich aufregender Moment. Zum Beispiel als unklar war, ob Jan (BRETTSPIELERUNDE.DE) das Spiel in einer Runde beenden würde – Erleichterung bei allen, als es funktionierte. Dass er gewinnen würde, stand ohnehin schon seit der Mitte der Partie fest.

Auch das verdeutlicht: Kunst kommt von Können. Ein Sieg bei INK aber nicht unbedingt, denn der Glücksfaktor ist zu hoch. Vorausplanen kann ich nicht gescheit, denn bei vier Personen ist die Hälfte der sechs ausliegenden Plättchen bereits wieder ausgetauscht, wenn ich das nächste Mal am Zug bin.

Zu zweit – für euch getestet – wird es für mich auch nicht viel interessanter. Hier bin ich viel zu sehr mit meinem eigenen Bild beschäftigt, um wirklich auf meine*n Mitspieler*in zu achten. Einflussmöglichkeiten gibt es nur durch Wegnehmen und passende Bonusplättchen, sofern sie denn im Spiel sind.

Insgesamt spielt sich INK doch sehr solitär. Schade. Ich hätte gern mehr gemalt. Und eigentlich mag ich abstrakte Legespiele – AZUL ist seit Jahren ein Favorit in meinem Haushalt. INK hingegen wird wohl bald keine weiteren Partien mehr sehen und darf nur noch dank seines hübschen Covers im Regal verweilen.

Transparenzhinweis

Für diese Rezension stand mir ein kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung, welches mir ohne Auflagen vom Verlag übermittelt worden ist.

Abschließende Bewertung des Ministeriums

„Ich mag die Idee hinter INK: Ästhetik als Spielthema ist verlockend. Leider bleibt der Entwurf zu sehr beim hübschen Schein; das Spielerlebnis wirkt zu zufallsabhängig und bietet zu wenige Entscheidungen, die einen echten spielerischen Mehrwert bieten. Handwerklich solide, aber spielerisch nicht wertvoll. Ein schönes Cover reicht nicht aus, um aus einem soliden Tile Placer ein erinnerungswürdiges Spiel zu machen.“
Johannes
Brettspielminister

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