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Skyrim: Das Abenteuerspiel – eine Videospieladaption ohne Pfeil im Knie

von Johannes
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Über das Spiel

 

Vorwort

Als der fünfte Teil der Elder-Scrolls Videospielreihe mit dem Titel „Skyrim“ im Jahr 2011 veröffentlicht wurde, befand ich mich mitten in der Rush-Hour des Lebens und hatte keine Zeit, mich mit so einem zeitraubenden Spiel zu beschäftigen. Oder zumindest hatte ich aus meiner World of Warcraft-Karriere gelernt und ließ es deshalb. Gleichwohl war an Skyrim auch aus popkultureller Sicht kaum ein Vorbeikommen und ich nahm auf vielfältige Weise von dem Titel Notiz (zum Beispiel in Form des Memes, welches den Titel für diesen Beitrag inspiriert hat, oder durch musikalische Interpretationen) – ohne ihn je selbst gespielt zu haben. Auch heute, rund 13 Jahre nach der Erstveröffentlichung, gilt der Titel weiterhin als Ausnahmespiel. Als ich während des Beeple-Wochenendes von Julia, Stephan (Spiel doch mal!) und Daniel (The Spielträumers) gefragt wurde, ob ich eine kleine Runde für 2-3 Stunden mitspielen möchte, ging ich trotzdem relativ unbefangen an die Sache. Ich hatte nicht besonders viel Notiz von dem Titel genommen und wusste eigentlich nur, dass es sich um einen kooperativen Titel handelt, der in der Welt von Skyrim spielt. Am Ende blieben wir gut 10 Stunden auf unseren Stühlen sitzen und beendeten nicht nur das erste Kapitel, sondern direkt die erste von zwei aus drei Kapiteln bestehende Kampagne. Vor diesem Hintergrund schreibe ich auch die Rezension.

Vom Videospiel zum analogen Spiel

Bevor ich mich dem analogen Spiel widmen kann, muss ich zwingend noch herausarbeiten, was das Besondere an Skyrim ist. Was macht dieses Spiel so außergewöhnlich?

Das Videospiel Skyrim ist ein sogenanntes Open World Fantasy RPG, also ein Fantasy-Rollenspiel, welches in einer offenen Spielewelt spielt. Das bedeutet, dass sich die Spieler*innen frei durch die Welt bewegen und entscheiden können, welche Quests sie erfüllen, wie sie sich gegenüber NPCs verhalten, welche Professionen sie annehmen und so weiter. Die Spieler*innen können sowohl mächtige Krieger*innen oder Zauber*innen spielen, die möglichst schnell die Hauptstory hinter sich bringen, oder aber sich häuslich niederlassen, heiraten und als Händler*innen zu Ruhm und Ehre kommen. Die Welt wird dabei gemeinhin als sehr groß und sehr lebendig wahrgenommen und das Spiel gilt für das Erscheinungsjahr als hübsch. Eine große Fanbase hat es darüber hinaus durch die Tatsache gewonnen, dass es sich leicht modifizieren ließ und so immer neue Inhalte für das Spiel entstanden, die die Spieler*innen bei der Stange hielten.

Ein paar Sätze noch zur Hintergrundstory: zu Beginn wachen die Spieler*innen auf einem Wagen auf. Nach der Charaktererstellung sollen sie hingerichtet werden, werden dann aber durch einen auftauchenden Drachen gerettet. Denn, das wird spätestens jetzt klar, die Spieler*innen sind für die Geschichte wichtig. Sie spielen den sogenannten Drachengeborenen, der – extrem verkürzt – Frieden in die Welt bringen soll, indem er seine wahre Identität kennenlernt und dann einen Drachen namens Alduin besiegt.

Während die Story selbst keine große Hürde für ein analoges Brettspiel darstellen dürfte, welches ohnehin rund 200 Jahre vor den Ereignissen im Videospiel spielt, ist die Umsetzung einer offenen Welt hingegen eine enorme Herausforderung. Jüngst versuchte sich Mythwind an Sandboxing und ist dabei aus meiner Sicht gescheitert, weil kein spielerischer Reiz entstand. Wie geben die Entwickler*innen den Spieler*innen gleichzeitig Freiheit in ihrem Tun, bringen auf der anderen Seite aber die Story voran und schaffen Anreize, diese weiter zu erleben?

Spielmechanik

Die analoge Umsetzung setzt an dieser Stelle voll auf eine Verknüpfung von Weltquests (Hauptstory) und persönlicher Quests. Zu Beginn jeder Runde wird vom Startcharakter eine Ereigniskarte aufgezogen. Diese können unterschiedliche Konsequenzen von Sofort-Ereignissen, über dauerhafte Effekte bis hin zu Weltquests, die von jedem*jeder Spieler*in erfüllt werden können, haben. Gleichzeitig werden mit jedem Ereignis auch sogenannte Bedrohungsplättchen gezogen, die dann auf die laufenden Quests (persönliche und welt-) verteilt werden. Jede Quest hat ein Limit an Bedrohungsplättchen. Wird dieses überschritten, dann entstehen negative Konsequenzen. Im schlimmsten Fall schlägt das Kapitel fehl. Die Spieler*innen können aber frei entscheiden, auf welche Quests die Plättchen gelegt werden. Werden Quests abgeschlossen, dann verschwinden auch die Bedrohungsplättchen wieder abgelegt. Auf diese Weise können die Spieler*innen sich im gewissen Maße „frei“ auf der Karte bewegen und selbstständig in Spieler*innenreihenfolge ausgewählte Dinge tun, ohne immerzu an die Hauptquests gekoppelt zu sein. Gleichzeitig sorgen die Bedrohungsplättchen aber auch dafür, dass ein Anreiz entsteht, immer an den Quests dranzubleiben.

Die Alternative wäre nämlich nur Dungeons zu besuchen oder neue persönlich Quests zu suchen. Apropos Dungeons: Auch hier ist das System gut gemacht. Je nachdem wie weit aufgerüstet/aufgeskilled die Spieler*innen sind, die (gemeinsam oder allein) einen Dungeon in den verschiedenen Schwierigkeitsgraden besuchen, werden nach Erledigung bestimmte niedrigstufige Monster aussortiert, was die Dungeons niemals trivial werden lässt.

In Bezug auf das Kampfsystem ist das Spiel stark zufallsbasiert. Für jeden Angriff müssen Würfel gewürfelt werden. Werden dabei genügend Erfolge passend zur jeweiligen Attacke erzielt, dann gehen die Angriffe durch und machen Schaden, sofern die Rüstung der Gegner überwunden werden kann. Dieses System gilt sowohl für Gegner*innen, als auch die Spieler*innen selbst. Wird ein Dungeon oder auch eine Quest abgeschlossen, dann gibt es Ausrüstung oder Erfahrungspunkte. Beim Stufenaufstieg können Fertigkeiten erlangt werden, die dann wieder bei der Erledigung von Dungeons und Quests helfen. Ihr versteht das System sicherlich.

Die Spielcharaktere sind im gesamten Spiel so individuell, wie die Spieler*innen sie gestalten. Möchte ich eher auf Nahkampf gehen, so kann ich das machen, auch wenn mein Charakter „von Haus aus“ vielleicht eher von Zaubersprüchen profitiert. Ich kann auch Zauber- und Nahkampf mischen, wenn mir das sinnvoll erscheint, muss dann aber wahrscheinlich irgendwo Abstriche machen. Die Welt des Brettspiels kopiert hier das digitale Spiel hervorragend.

Eine Frage der Motivation

Für meine Gruppe war das an dem Tag genügend Motivation, um in die Welt von Skyrim abzutauchen. Die zwei anwesenden ehemaligen Skyrim-Spieler fühlten sich in die Welt zurückversetzt und auch mir gefiel die Beschäftigung mit diesem Universum so gut, dass ich gerne die erste Kampagne abschloss. Ob es mich auch in die zweite Kampagne ziehen wird, das kann ich, ehrlich gesagt, noch nicht sagen. Schön wäre es gewesen, wenn das Gelingen der Kämpfe nicht ausschließlich vom Würfelglück abhängen würde. Sicherlich kommt auch Spannung auf, wenn wie in meinem Fall mal Wurf um Wurf misslingt und ich am Ende geschlagen (und für den Moment tot…) aus einem Kampf zurückkehre, aber so ganz ohne Würfelmanipulation fehlte dann doch etwas. Gleichzeitig war das Warten auf den eigenen Zug an vielen Stellen nicht allzu spannend. Je weiter das Spiel fortschreitet, desto mehr Gegner*innen stellen sich in den Dungeons in den Weg. Geht man gemeinsam, so hat man auch während der Züge der Mitspieler*innen etwas zu tun. Ansonsten muss ich aber darauf warten, dass die Würfelorgie der anderen abgeschlossen ist und das dauert manchmal schon etwas. Vielleicht ist vier Personen für dieses Spiel aber auch einfach nicht die richtige Spieler*innenzahl. Vielleicht beim nächsten Mal. Bis dahin gilt aber: „I used to be an adventurer like you. Then I took an arrow in the knee.

Abschließende Bewertung des Ministeriums

„Insgesamt hat mir das Spiel gut gefallen. Die spielerischen Freiheiten sind sehr gut umgesetzt, die Story fühlt sich stimmig an und die Quests sind abwechslungsreich. Einzig an der Zufallsstellschraube würde ich gerne drehen und dann in der nächsten Partie vielleicht eher zu zweit losziehen, als mich mit vier Personen durch die Welt zu kämpfen. Hat man aber diese Spieler*innenanzahl ohnehin und mag die Welt von Skyrim, dann ist das Spiel mehr als einen Blick wert.“
Johannes
Brettspielminister

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