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Zu Besuch beim Pegasus Pressetag 2025

von Johannes

Vorweg

Am vergangenen Freitag nahm ich am diesjährigen PEGASUS-Presseevent teil. Ich habe die Zeit sehr genossen und mich gefreut, dabei bereits einige Ersteindrücke zu sammeln. Darüber hinaus hatte ich die Gelegenheit, ein Hintergrundgespräch mit KARSTEN ESSER zu führen und an einer Firmenführung teilzunehmen. Zwei Kernaspekte aus dem Gespräch möchte ich hier hervorheben:

  1. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten sorgen nach Auffassung von PEGASUS dafür, dass die Absätze bei hochpreisigen Titeln sinken. PEGASUS begegnet diesem Umstand strategisch so, dass weniger Spiele im Hochpreissegment angeboten und alte Lagerbestände abgebaut werden. Dies lässt sich auch gut am Shop ablesen, wo aus meiner Sicht hervorragende Spiele wie DIE CHRONIKEN VON DRUNAGOR aktuell zu äußerst günstigen Konditionen verkauft werden. Ich habe gefragt, ob die Erkenntnisse auch durch Marktforschungsstudien abgesichert werden, weil ich mir vorstellen könnte, dass die geringen Verkäufe auch mit den Artikeln selbst zu tun haben. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn:
  2. Selbst größere Verlage wie PEGASUS haben kein Budget, um Marktforschungsstudien zu finanzieren. Dies verdeutlicht noch einmal sehr deutlich, wie gering die Margen in diesem Sektor sind. Natürlich wirkt sich das auch in anderen Bereichen aus, etwa in den aus meiner Sicht sehr (zu) geringen Gehältern. Die Preiselastizität des deutschen Marktes erweist sich damit als ein maßgeblicher negativer Faktor. Nicht falsch verstehen, ich begrüße es, dass Brettspiele in Deutschland vergleichsweise günstig sind, weil dies auch damit einhergeht, dass der Zugang zu Spielen nicht zu einem Luxusgut wird. Mehr Förderung für das Kulturgut Spiel würde der Branche aber sicherlich sehr helfen für die Mitarbeitenden attraktivere Konditionen zu schaffen, was dem Produkt an sich helfen würde.

Auch die Führung durch das Gebäude war sehr interessant, wenngleich mein Hauptinteresse klar beim Spielen lag.

Pegasus

Der Tag startete spielerisch mit einem Warm-up: MARCO TEUBNERs neues Spiel FERTIG ICH HABE. Das Kartenspiel ICH HABE FERTIG war im letzten Jahr sehr erfolgreich, und so wird das Prinzip mit neuen Karten fortgesetzt. Bin ich am Zug, darf ich entweder eine Karte nehmen oder eine Karte legen. Der Rest ist kartengemachtes Chaos, bei dem die Person gewinnt, die zuerst „Ich habe fertig“ vor sich liegen hat – es sei denn, eine andere Karte ändert die Regeln. Auch wenn sich das MUNCHKIN-Prinzip für mich recht schnell verbraucht hat, muss ich neidlos die Kreativität bei der Schöpfung der einzelnen Karten anerkennen. Weiterhin weiß ich, dass viele Wenigspielendengruppen das Spiel intensiv gespielt haben, und wage die Prognose, dass dies auch bei FERTIG ICH HABE wieder so sein wird.

Für meine Gruppe gab es im Anschluss ein weiteres kleines Spiel namens VERY DEAD DINOS. Hier möchte ich verhindern, dass meine Dinosaurierart als Erste ausstirbt. Jede Runde bringt eine Katastrophe, die einem oder mehreren Arten einen von drei Lebenspunkten raubt. Welche das ist, wird durch Karten tauschen und ablegen definiert. Ein flottes, kluges Spiel der Kategorie Absacker.

Nach dem Mittagessen folgte eine Begrüßung mit großer Enthüllung. PEGASUS setzt in diesem Jahr voll auf den Erfolg des präsentierten Spiels BOSS FIGHTERS QR vom (unter anderem) DORFROMANTIK-Autorenduo MICHAEL PALM und LUKAS ZACH. Die Startauflage ist die größte, die jemals bei PEGASUS für ein Spiel eingeplant wurde. Ich muss gestehen: Ich war bei der Ankündigung zunächst mehr als skeptisch, ob das eine gute Idee ist. BOSS FIGHTERS QR ist ein Boss-Battler mit App-Unterstützung – beide Aspekte spalten nach meiner Wahrnehmung die Spieler*innenschaft. Ich persönlich mag normalerweise weder das eine noch das andere besonders gerne. Schon in der ersten Partie habe ich jedoch erkannt, dass das Spiel hervorragend funktioniert.

Wieder zu Hause konnte ich die Erfahrung vertiefen, weil ich mit meinen Kindern zwei Personen habe, die offensichtlich sowohl Apps als auch Boss-Battler lieben. So haben wir in der Familie bereits die ersten vier von zehn Bossen (zum Release verfügbar, aktuell bisher nicht) besiegt. Die Kinder haben heute zuerst zu zweit und dann auch noch jeweils solo weitergespielt.

Das Spielprinzip ist dabei denkbar einfach: Jede mitspielende Person erhält einen Charakter mit einer bestimmten Anzahl Startkarten. Pro Runde habe ich drei Züge, in denen ich jeweils eine Karte ausspielen kann, indem ich den darauf abgebildeten QR-Code abscanne. Diese Aktionen geben mir Schutz (verhindern Schaden durch den Boss), unterstützen andere oder verursachen Schaden in den Kategorien Nahkampf, Fernkampf und Magie. Auf der Gegenseite steht ein Boss mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten, die es zu entdecken und zu kontern gilt. Hat ein*e von uns keine Lebenspunkte mehr, verlieren wir. Schaffen wir es dagegen, den Boss auf null Lebenspunkte zu bringen, gewinnen wir und erhalten gegebenenfalls Loot, um den nächsten Boss anzugreifen.

Der Spielspaß entsteht für mich durch die außergewöhnlich gelungene technische Umsetzung. Die Karten werden auf meinem Tablet jedes Mal anstandslos erkannt. Die Züge sind so einfach, dass das Spiel rasch voranschreitet und kaum Downtime entsteht. Gleichzeitig sind die Effekte klar genug, dass auch meine achtjährige Tochter sie versteht (offizielle Altersangabe: ab 10 Jahren). So schnetzle ich mich fröhlich von Boss zu Boss – stets voller Erwartung, was als Nächstes kommt.

Auf die leichtere Kost folgte für mich ein erster Titel aus der Kategorie gehobenes Kennerspiel: FORESTRY von MICHAL PEICHL. Im Kern handelt es sich um ein Action-Selection-Spiel, bei dem die möglichen Aktionen von der Platzierung meiner zwei Worker abhängen. Es geht um Holzverarbeitung und Aufforstung, und beim Anspielen fand ich das Thema überzeugend umgesetzt. Leider hatte ich bis zum nächsten Termin nur wenig Zeit und konnte lediglich drei der zehn Runden absolvieren. Dennoch gewann ich den Eindruck eines insgesamt runden und gut verzahnten Euro-Games.

Am Abend hatte ich eigentlich vor, das neue TURCZI-Spiel THEBAI zu spielen. Nachdem einige Kolleg*innen jedoch mehr als drei Stunden damit verbrachten, entschied ich mich dagegen. Dies scheint mir aber einer der Titel zu sein, den Eurofans zumindest einmal ausprobieren sollten. Klar, die T-Serie spricht für sich.

Stattdessen spielte ich jeweils eine Runde LUMEN und 2 WIN, die für dieses Event allerdings nicht als explizite Neuheiten gelistet waren. LUMEN ist ein Stich-Ansagespiel mit dem Twist, dass ich meine eigenen Karten nicht kenne und nur aus den Karten der Mitspielenden ableiten muss, wie viele Stiche ich gewinnen werde. Das Spiel hat mir außerordentlich gut gefallen und wird bald wieder auf den Tisch kommen.

2 WIN hatte ich bereits beim Tag der Brettspielkritik gespielt und freute mich, jetzt die Regeln erneut auffrischen zu können. Das Spiel ist ein Legespiel, bei dem ich als letzte*r noch Karten legen können muss. Nach jeder Runde gibt es Karten für verschiedene Wertungen zu sammeln; am wichtigsten ist jedoch, dass ich immer zwei Karten ablegen muss, die aufsteigend zu den Vorherigen passen. Kleine Schritte ermöglichen es, länger im Spiel zu bleiben. Habe ich aber die größten Karten gelegt, erhalte ich eine zusätzliche Karte. Überdies gebe ich jede meiner Handkarten weiter. Funktioniert gut und macht Spaß!

Last but not least habe ich zwei Runden DORFROMANTIK CHALLENGE gegen Stephan (SPIELKULTURERBE) verloren – Ehre, wem Ehre gebührt! Das neue Zwei-Personen-Dorfromantik lässt uns gegeneinander antreten. In der ersten Phase draften wir Auftrags- und Dorfplättchen, die wir dann in der zweiten Phase simultan ausspielen. Die Person mit der höheren Punktzahl gewinnt. Ich hätte nicht gedacht, dass mir DORFROMANTIK in dieser Form so viel Freude bereitet, doch insbesondere die Drafting-Phase empfand ich als spannend.

Nicht gespielt, aber ebenfalls auf den Tischen gesehen, habe ich COMPILE, BOHEMIANS, LIGHT: SPEED ARENA, LONE WOLVES, MAGIC MAZE POCKET, EVERDELL SILVERFROST, TRICKY TRADERS und TORTEN TRÄUME.

Das Duell-Spiel COMPILE habe ich bei der BERLINCON aber getestet und seitdem auch ein paar Mal mit meiner Frau gespielt. Klasse gemacht und ein sicherlich verdienter Gewinnertitel der GOLDENEN TATZE 2025.

Deep Print Games

Die Neuheiten von DEEP PRINT GAMES habe ich bei diesem Presseevent nicht gespielt. Der Grund ist einfach: Ebenfalls bereits während der BERLINCON hatte ich genügend Zeit, bei einem Event alles ausgiebiger zu testen, als es hier die Zeit zugelassen hätte. DEEP PRINT GAMES geht zur Messe mit der typischen Mischung aus kleineren Familienspielen, aber auch größeren Titeln an den Start.

Bei den kleinen Titeln ist zuerst der neue Titel von INKA und MARKUS BRANDT namens GHOSTBUMPERS zu nennen, der eine Auskopplung aus einem älteren Titel (– es müsste RUMMELPLATZ gewesen sein) ist. Bei dem Stichspiel geht es darum, möglichst gut abzuschätzen, wie viele Stiche ich gewinnen werde. Dies ist mal wieder mit einer Wette verknüpft. Je mehr Stiche ich bekomme, desto geringer wird meine Punktzahl. Bekomme ich gar mehr als gewettet, dann reduziert sich diese auf 0. Es sei denn, ich schaffe einen Durchmarsch auf die Maximalanzahl, dann regnet es Extrapunkte, während meine Mitspieler*innen leer ausgehen. Das Problem ist nur, dass mir meine Mitspieler*innen auch Stiche und umzudrehende Karten zuschieben können. So ging mein Plan in zwei gespielten Partien eher selten auf. Regeltechnisch empfand ich das Spiel als so kompliziert, dass es sich wohl eher an erfahrene Stichspieler*innen richtet.

Wesentlich einfacher geht es bei DICE POOL PARTY zu. Weil diese KNIFFEL-Variante insbesondere meinen Kindern gut gefiel, habe ich mittlerweile einige Partien gespielt und ihr auch schon einen Instagram-Post gewidmet. Daher nur so viel: Nacheinander wird die Schachtel als Würfelbecher genutzt, kurz geöffnet und das Würfelergebnis gezeigt. Nach einem Countdown von nur drei Sekunden wird die Schachtel wieder geschlossen. In dieser knappen Zeit müssen sich alle Spieler*innen für eine auszufüllende Zeile entscheiden. Sobald alle Zeilen voll sind, endet das Spiel. Die Mischung aus Reaktions-, Merk- und Kniffelspiel ist reizvoll und hat bei mir auch Wenigspielende an den Tisch gelockt.

Weniger überzeugt hat mich der erste der beiden größeren Titel namens SKYBRIDGE. Im Spiel drafte ich pro Runde eine Karte, die ich dann in meine Auslage spiele. Hier aktiviert sie alle weiteren Karten der jeweiligen Reihe, was mir Ressourcen bringt, mit denen ich im Endeffekt an der namensgebenden Brücke mitbauen möchte. Daneben gibt es noch kleine Nebenschauplätze, die ich ebenfalls beachten muss. Ich glaube, dass mein Problem hauptsächlich Erwartungsmanagement war. Ich hatte einen spielerisch auch sehr opulenten Titel erwartet – wie der Name –, empfand das Spiel aber dann als relativ flach. Ich werde ihm aber in jedem Fall noch eine Chance geben. Zur Erinnerung: Dies ist lediglich ein erster Eindruck!

Der letzte Titel war in Form von RENEGADE so ähnlich schon einmal da. Ich habe mir sagen lassen, dass das Spiel insbesondere bei der Solo-Fraktion viele Fans hat, wohl aber schwer zu bekommen ist. Mit dem, wie ich finde, viel hübscheren an TRON erinnernde DECKERS wird das jetzt wieder gut möglich. In dem kooperativen Spiel steuere ich einen asymmetrischen „Decker“, mit der*dem ich  Code-Schnipsel in ein Computersystem einbringe, um so feindliche Programme zu verhindern. Ich habe Vergleiche zu SPIRIT ISLAND vernommen, es hat mich persönlich aber nicht daran erinnert, was auch am Abstraktionsniveau gelegen haben könnte. Mein Eindruck war insgesamt positiv, aber nicht auf dem Niveau, dass es für mich der Toptitel der SPIEL wäre. Da ich recht viele kooperative Spiele zu Hause samt Gruppen dazu habe, werde ich es mir aber definitiv noch einmal anschauen.

Hidden Games

Die neuen Spiele von HIDDEN GAMES gab es bei diesem Presseevent nur zum Angucken. Erscheinen werden drei neue Fälle namens IN DEN FÄNGEN DES BÖSEN, ALARMSTUFE ROT sowie SCHATTEN DER ZEIT. Mehr über deren Inhalte könnt ihr beim Beeple Messeradio erfahren, für das ich SVEN von HIDDEN GAMES interviewt habe.

Transparenzhinweis

Ich bin ohne Auflagen von PEGASUS zu dieser Veranstaltung nach Friedberg eingeladen worden. Eine kostenfreie Verpflegung wurde bereitgestellt, die Anreise habe ich selbst bezahlt. Ferner habe ich Rezensionsexemplare als Arbeitsmittel für künftige Rezensionen erhalten.

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